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Montag, 4. Oktober 2010

Rechtsprechung zum Thema "Dienstwagen" - Kategorie "kurios bis makaber"

Ein Arbeitgeber erfüllt die arbeitsvertraglich vereinbarte Pflicht zur Überlassung eines Dienstwagens zum Privatgebrauch nicht dadurch, dass er dem Arbeitnehmer einen Leichenwagen zur Verfügung stellt. Dies gilt auch dann, wenn es sich um ein Bestattungsunternehmen handelt. Das hat das LAG Köln entschieden (Urteil vom 19.11.2009, Az. 7 Sa 879/09).
Wenn die Parteien im Arbeitsvertrag keine Feststellungen darüber getroffen haben, welcher Art das KFZ zu sein hat, das dem Arbeitnehmer zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung gestellt wird, liegt es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers, welche Art von Fahrzeug er auswählt. Dabei hat er sowohl seine eigenen Interessen als auch die seines Arbeitnehmers angemessen zu berücksichtigen. Einzubeziehen ist dabei auch die allgemeine Verkehrsanschauung. Nach dieser kommt jedoch einem Leichenwagen ein höchst spezieller Stellenwert zu, unter dessen Berücksichtigung es auch einem Beschäftigten eines Bestattungshauses nicht zumutbar ist, ein solches Fahrzeug in der Freizeit für sich und seine Familie zu nutzen.

Mittwoch, 15. September 2010

Gesetzlicher Pflege-Mindestlohn seit dem 01.08.2010

Wie hier bereits am 22.04.2010 angekündigt, gilt nun seit dem 01.08.2010 in der Pflegebranche ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € in den alten und 7,50 € in den neuen Bundesländern, und zwar sowohl für inländische als auch für ausländische Pflegeunternehmen in Deutschland, die überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen erbringen. Ferner gilt er für Arbeitnehmer, die überwiegend Grundpflegeleistungen nach dem SGB XI erbringen. Dazu gehören im Bereich der Körperpflege das Waschen, das Duschen, das Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, das Rasieren, die Darm- und die Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten der Nahrung und Hilfe bei der Nahrungsausnahme. Im Bereich der Mobilität sind das Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, das Gehen, das Stehen, das Treppensteigen, das Verlassen und das Wieder-Aufsuchen der Wohnung erfasst.
Der Mindestlohn gilt nicht für Azubis, Praktikanten, Hauswirtschaftskräfte und Demenzbetreuer.

Dienstag, 14. September 2010

Chancengleichheit durch anonyme Bewerbungen ?!

Bewerbungen ohne Name, Adresse, Geburtsdatum oder Angaben zum Familienstand ?! Ob dies tatsächlich ein Weg zu mehr Chancengleichheit in Bewerbungsverfahren ist, soll nun in einem Pilotprojekt herausgefunden werden. Ein Jahr lang werden fünf Arbeitgeber, darunter das Bundesfamilienministerium, die Deutsche Post AG und die Deutsche Telekom AG wissenschaftlich bei der Umsetzung begleitet. Koordiniert wird das Projekt von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die weitere Informationen sowie eine Expertise dazu bereit gestellt hat. Man darf gespannt sein, ob sich durch ein solches Verfahren die Chancen von älteren Bewerbern und solchen mit Migrationshintergrund auf die Erlangung einer Stelle erhöhen.

Montag, 13. September 2010

Beschäftigten-Datenschutz: Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf

Die hier bereits am 10. April 2010 geposteten Vorhaben zum Datenschutz von Beschäftigten haben inzwischen konkrete Formen angenommen. Am 25.08.2010 hat das Bundeskabinett einen entsprechenden Gesetzesentwurf beschlossen. Die neuen Regelungen werden als §§ 32 bis 32 l Bestandteil des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) werden. Normiert werden dort unter anderem die Fragerechte von Arbeitgebern in Einstellungsverfahren, die Zulässigkeit ärztlicher Untersuchungen, die Zulässigkeit von Internetrecherchen durch Arbeitgeber über Bewerber, die Überwachung von Beschäftigten über Ortungssysteme sowie durch Videobeobachtungen. Für die Einzelheiten sei auf den Gesetzesentwurf selbst sowie auf ein Hintergrundpapier des Bundesinnenministeriums verwiesen.

Sonntag, 12. September 2010

Schadensersatzansprüche nach AGG: neue Rechtsprechung

Mit gleich drei Urteilen an einem Tag hat sich der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geäußert:



  • Schadensersatzansprüche wegen Benachteiligung nur bei vergleichbarer Qualifikation: Entschädigungsansprüche nach dem AGG setzen voraus, dass nach dem vom Arbeitgeber zugrunde gelegten Anforderungsprofil, soweit es objektiv plausibel erscheint, die Bewerbung des abgelehnten Bewerbers mit dem anderer Bewerber vergleichbar war (BAG 19.08.2010, Az. 8 AZR 466/09)
  • Schadensersatzansprüche wegen nicht altersneutraler Stellenausschreibung: Stellenausschreibungen, mit denen nach Bewerber spezieller Altersgruppen gesucht wird, verstoßen grundsätzlich gegen das Altersdiskriminierungsverbot des AGG. Eine Entschädigung kann allerdings nur dann verlangt werden, wenn der nicht eingestellte Bewerber beweisen kann, dass er bei einer diskriminierungsfreien Auswahl eingestellt worden wäre (BAG 19.08.2010, Az. 8 AZR 530/09)
  • Schadensersatzansprüche nur bei rechtzeitiger Bewerbung: Eine Entschädigung nach AGG kommt nur dann in Betracht, wenn die Bewerbung eines zurückgewiesenen Bewerbers im Zeitpunkt der Besetzungsentscheidung schon vorlag. Das gilt auch dann, wenn die Stelle noch auf der Internetseite des Arbeitgebers ausgeschrieben ist, obwohl sie sich bereits erledigt hat (BAG 19.08.2010, Az. 8 AZR 370/09)

Samstag, 11. September 2010

Rechtsprechung zur fristlosen Kündigung: Raucherpausen

Eine fristlose Kündigung ist grundsätzlich wirksam, wenn es eine ausdrückliche Pflicht zum Ausstempeln wegen einer Raucherpause gibt, der Arbeitnehmer dieser Pflicht aber nicht nachkommt.
Das hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschieden (Urteil des LAG Rheinland-Pfalz, Az. 10 Sa 712/09).
Vorliegend hatte der Arbeitgeber mit einer schriftlichen Betriebsanweisung allen Arbeitnehmern ausdrücklich Rauchverbot erteilt. Eine solche Regelung hat das LAG als zulässig angesehen. Es besteht auch kein Anspruch auf bezahlte Rauch-Pausen, da Arbeitnehmer in dieser Zeit keine Arbeitsleistung erbringen. Eine unverhältnismäßige Belastung von Rauchern ist hierin laut LAG nicht zu sehen.
Vorlliegend hatte der Kläger seine Pflicht zum Ausstempeln verletzt und so den Arbeitgeber veranlasst, Lohn für Zeiten zu zahlen, in denen der Arbeitnehmer nicht gearbeitet und insofern die von ihm geschuldete Leistung nicht erbracht hatte. Das LAG sah hierin die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt.

Mittwoch, 11. August 2010

Strafbarkeit wegen Zahlung von Dumping-Löhnen

Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern nicht den gesetzlichen Mindestlohn zahlen, machen sich i. S. d. § 266 a Abs. 1 StGB strafbar wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt. 
Wer nämlich eine niedrigere Vergütung zahlt, als gesetzlich vorgesehen, der führt auch weniger Sozialversicherungsbeiträge ab als erforderlich. Das hat jetzt das Landgericht Magdeburg entschieden (Urteil vom 29.06.2010, Az. 21 Ns 17/09). 


In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Pächter von Toilettenanlagen auf Autohöfen und Autobahnraststätten den bei ihm beschäftigten Reinigungskräften einen Stundenlohn von knapp unter einem Euro gezahlt und auf dieser Basis Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Hierdurch war den Sozialleistungsträgern ein Schaden von ca. 69.000,- € entstanden.


Das Landgericht hat den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10,- € verurteilt.

Dienstag, 10. August 2010

Pensionierung = Verstoß gegen die Menschenwürde ?!

Die meisten Menschen sind froh, nach einem mehr oder weniger langen Arbeitsleben - endlich - ihre Rente oder Pension genießen zu dürfen. Die meisten, aber eben nicht alle ...
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte jetzt über den Eilantrag eines Richters zu entscheiden, mit dem dieser seine Versetzung in den Ruhestand verhindern wollte (Az. 4 K 1239/10).
Das Gericht kam jedoch zu der Überzeugung, dass die Versetzung in den Ruhestand keine unzulässige Altersdiskriminierung darstelle. Vielmehr werde durch die Festlegung einer Altersgrenze für die aktive Dienstausübung dem gesellschaftlichen Konsens Rechnung getragen, dass ab einem bestimmten Alter Arbeitsplätze zu Gunsten Jüngerer zu räumen sind. Zudem setze die Richtertätigkeit neben der zugegebenermaßen wichtigen geistigen Komponente voraus, dass eine gewisse körperliche Fitness vorhanden ist, die nicht durch naturgemäße Alterserscheinungen gemindert wird. Schließlich werde eine Pensionierung im allgemeinen Ansehen der Bevölkerung nicht als, so wörtlich, " herabwürdigende unmenschliche Behandlung" empfunden, so dass auch kein Verstoß gegen die Menschenwürde vorliege.
Beneidenswert, wenn jemand selbst nach einem hinreichend langen Arbeitsleben überhaupt noch in der Lage ist, weiterhin seine Dienste anzubieten. Allerdings setzt der Richterdienst nicht nur, wie das VG Karlsruhe entschieden hat, geistige und körperliche Fitness voraus. Vielmehr wird regelmäßig auch eine gewisse soziale Kompetenz vorausgesetzt. Ob jedoch in der hartnäckigen Besetzung eines Arbeitsplatzes zu Lasten nachrückender Generationen auch nur ansatzweise soziale Kompetenz gesehen werden kann, muss grundlegend bezweifelt werden, so dass die Entscheidung des VG Karlsruhe nur begrüßt werden kann.

Samstag, 31. Juli 2010

Beschäftigungschancengesetz beschlossen


Am 08.07.2010 hat der Bundestag das neue Beschäftigungschancengesetz beschlossen, mit dem eine Stabilisierung des Arbeitsmarktes und die Sicherung von bestehenden Arbeitsplätzen in Krisensituationen gewährleistet werden soll.
Auswirkungen ergeben sich in folgenden Bereichen:
1. § 28 a SGB III, freiwillige Arbeitslosenversicherung
2. § 216 a SGB III, Förderung der Teilnahme an Transfermaßnahmen
3. Verlängerung der Förderung älterer Arbeitnehmer
4. § 421 q, § 421 r SGB III, Verlängerung der Förderung von Jugendlichen
5. § 421 t SGB III, Verlängerung des Kurzarbeitergeldes
6. § 11 Abs. 4 AÜG, Kurzarbeit im Bereich der Leiharbeit
Da das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist, kann der Bundesrat zwar noch Änderungen vorschlagen. Diese sind jedoch nicht verbindlich und können insofern von der Bundesregierung abgelehnt werden, wie schon geschehen.
Voraussichtlich soll das neue Gesetz mit Wirkung zum 01.01.2011 in Kraft treten.

Mittwoch, 9. Juni 2010

Voller Mutterschutz für Selbständige


Die EU-Mitgliedstaaten haben sich auf eine Gesetzesinitiative der Kommission geeinigt, wonach nunmehr auch selbständige Frauen und Partnerinnen von Selbständigen ein Recht auf mindestens 14 Wochen Mutterschutzurlaub haben. Das Parlament hatte dieser Initiative bereits am 18.05.2010 zugestimmt. Der Ministerrat wird die Richtlinie wahrscheinlich am 24.06.2010 formal annehmen. Die Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit, die neuen Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.

Mit der neuen Richtlinie soll ein besserer Sozialschutz für Selbständige gewährleistet werden. Zugleich erhofft man sich einen Anstieg des Anteils selbständig tätiger Frauen, der zur Zeit lediglich 30 % aller selbständig Tätigen ausmacht.

Ob die Mitgliedschaft in sozialen Sicherungssystemen und der Mutterschaftsurlaub auf verpflichtender oder aber freiwilliger Basis erfolgen wird, bleibt allderdings Sache der Mitgliedsstaaten.

Montag, 31. Mai 2010

Gesetzliche Mindeslöhne - Stellungnahme der Bundesregierung


Zur Zeit sieht die Bundesregierung keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, was die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns angeht. Damit hat sie eine kleine Anfrage der Fraktion DIE Linke beantwortet. Ihrer Einschätzung liegt eine Auswertung der Zahlen aus den Jahren 2001 und 2006 zugrunde, wonach die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten mit einem Brutto-Stundenlohn von weniger als 10,00 € von 17 % auf 20 % gestiegen sei. Dies beträfe vor allem die Bereiche Gastgewerbe, Grundstücks- und Wohnungswesen, das Dienstleistungswesen und den Handel. Deutschland läge jedoch europaweit in etwa im Mittelfeld. Zudem bestehe weiterhin das Instrumentarium der branchenspezifischen Mindestlöhne, deren Erforderlichkeit und Angemessenheit die betroffenen Sozialpartner am fachgerechtesten einschätzen könnten. Schließlich sei geplant, die bisherige Rechtsprechung zum Verbot sittenwidriger Löhne gesetzlich festzuschreiben, um so Lohndumping zu verhindern. Eine Notwendigkeit zur Einführung gesetzlicher Mindestlöhne bestehe vor diesen Hintergründen nicht. Details können der Drucksache des Deutschen Bundestage 17/1502 vom 26.04.2010 entnommen werden.

Donnerstag, 22. April 2010

Kündigung wegen privater Internetnutzung am Arbeitsplatz


Selbst, wenn ein Arbeitgeber die private Nutzung von betrieblichen Internet-Anschlüssen ausdrücklich untersagt hat, kann er bei Zuwiderhandlung nicht ohne Weiteres ordentlich kündigen. Dies ergibt sich aus einem Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 26.02.2010 (Az. 6 Sa 682/09). Grundsätzlich ist zunächst eine Abmahnung erforderlich. Entscheidend ist zudem, ob es beim Arbeitnehmer durch die Internet-Nutzung zu einer erheblichen Leistungsbeeinträchtigung gekommen ist. Diesbezüglich muss der Arbeitgeber die Dauer der jeweiligen Internet-Nutzung darlegen und beweisen. Im vorliegenden Fall lag die Untersagung durch den Arbeitgeber bereits einige Zeit zurück. Ferner war das Gericht der Ansicht, dass der Arbeitgeber sein Verbot selbst "aufgeweicht" hatte, indem er seinen Mitarbeitern einen PC zur Verfügung gestellt hatte, auf dem diese auf seine Kosten surfen konnten.

Mindestlohn bald auch in der Pflegebranche


Wenn man den öffentlichen Verlautbarungen Branchenverbänden Glauben schenken darf, soll es noch in diesem Jahr, nämlich vom 01.07.2010 an, einen flächendeckenden Mindestlohn in der Alten- und ambulanten Krankenpflege geben. Betroffen wären ca. 800.000 Beschäftigte. Die Empfehlungen der zuständigen Kommission, die sich aus Vertretern von VERDI, komunalen und privaten Arbeitgebern, der Diakonie und der Caritas zusammensetzt, liegen bei 8,50 € im Westen und 7,50 € im Osten. Bisher galt eine Verständigung auf Mindestlöhne als besonders schwierig, da es keinen bundesweit einheitlichen Tarifvertrag für alle Betroffenen gab. Die Entwicklung und tatsächliche Festlegung bleibt abzuwarten.

Dienstag, 13. April 2010

Kündigungsschutz in fünf Sekunden


Seit einiger Zeit ist immer mehr zu beobachten, dass die jahrzehntelange gefestigte Rechtsprechung hinsichtlich außerordentlicher Kündigungen wegen Bagatelldiebstählen ins Wanken gerät. Auch in der jüngst veröffentlichten Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 10.02.2010 (Az. 13 Sa 59/09) hatte der Kläger Erfolg, nachdem ihm bereits die erste Instanz Recht gegeben hatte. Diesmal ging es um die Entwendung eines Kinderbettes ohne wirtschaftlichen Wert, das sich bereits im Müll befand. Das LAG war nach Interessenabwägung zu dem Ergebnis gekommen, dass das Interesse des Klägers am Bestand des Arbeitsverhältnisses das Beendigungsinteresse des Beklagten überwog. Dieser Fall erscheint hinsichtlich des geringen wirtschaftlichen Wertes vergleichbar mit inzwischen zahlreichen Fällen, die über die Presse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten haben sich zu dem Thema geäußert und meist kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass viele Politiker hier vor allem die Chance wittern, ihre ramponierten Sympathiewerte aufzubessern, indem sie der ziemlich einhelligen öffentlichen Meinung beipflichten. Gleich, ob Internet, Fernsehen, Radio oder Printmedien, die Empörung kennt keine Grenzen, wenn es um Kündigungen geht, die aufgrund von Bagatelldiebstählen ausgesprochen werden. Dabei hätte jede einzelne dieser Kündigungen von den Betroffenen selbst verhindert werden können. Aber vor den Wogen der Emotionalität haben es die Fakten und rechtlichen Hintergründe schwer, sich Gehör zu verschaffen. Zunächst dürfte es, wie in der Vergangenheit auch, unstreitig sein, dass nicht der hohe oder niedrige Wert des entwendeten Gegenstandes die entsprechenden Arbeitgeber zur Kündigung veranlasst hat. Vielmehr wurde bisher immer abgestellt auf die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Diese Zerrüttung liegt vor allem darin begründet, dass der Arbeitnehmer eigenmächtig Dispositionen über das Eigentum eines Dritten, in dem Falle das des Arbeitgebers, trifft. Es erscheint nachvollziehbar, wenn es der Arbeitgeber für die Zukunft (und dann möglicherweise bei wesentlich weitreichenderem Handeln des Arbeitnehmer) ausschließen möchte, dass ihm dann gegebenenfalls ein wesentlich größerer Schaden entsteht. Die allgemeine öffentliche Empörung verliert spätestens dann ihre Berechtigung, wenn man sich vor Augen führt, wie jeder einzelne Arbeitnehmer eine Kündigung hätte vermeiden können, nämlich, indem er seinen Arbeitgeber einfach gefragt hätte: „Darf ich das ?“ Diese mitsamt Antwort nur wenige Sekunden in Anspruch nehmende Frage kann ohne Weiteres jedem Arbeitnehmer zugemutet werden. Ein Aufwand, der einem der Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes jedenfalls wert sein sollte. Stimmt der Arbeitgeber zu, darf man sich sicher sein, keine negativen Konsequenzen bis hin zur Kündigung erwarten zu müssen. Lehnt der Arbeitgeber ab und man setzt sich über dieses Verbot hinweg, darf man jedenfalls bezweifeln, dass die Mehrheit der jetzt so Empörten Mitleid empfinden wird.

Samstag, 10. April 2010

Erweiterung des Arbeitnehmer-Datenschutzes




Gesundheitliche Details, außerdienstliches Verhalten – manch ein Unternehmen wünscht sich den gläsernen Mitarbeiter. Um an möglichst viele Informationen zu gelangen, wenden immer mehr Unternehmen Methoden an, die die persönliche Freiheit der Mitarbeiter in völlig inakzeptabler Weise beeinträchtigen. Um diesem Treiben Einhalt zu gebieten, hat das Bundesinnenministerium nun am 01.04.2010 ein Eckpunkte-Papier vorgelegt, das den Arbeitnehmer-Datenschutz im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erweitern soll.
Angestrebt wird dabei eine generelle Regelung des Beschäftigten-Schutzes im BDSG, denn die derzeit bestehenden (lückenhaften) Regelungen verteilen sich über diverse unterschiedliche Gesetze wie z. B. das Betriebsverfassungsgesetz, das Telekommunikationsgesetz oder das Telemediengesetz. Hinzu kommt, dass die bisherige Rechtsprechung oft uneinheitlich ist. Zu folgenden Bereichen soll es deshalb in Zukunft explizite Regelungen geben:

Datenerhebung im Einstellungsverfahren
gesundheitliche Untersuchungen
Korruptionsbekämpfung und Durchsetzung von Compliance-Anforderungen
Video-Überwachung
Ortungssysteme
biometrische Verfahren
Nutzung von Telefon, E-Mail und Internet
Kollektivrechtliche Vereinbarungen
Beteiligungsrechte, insbesondere Mitbestimmungsrechte der Interessenvertretungen
Einwilligung
Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis

Einzelheiten können dem Eckpunkte-Papier des Bundesinnenministeriums entnommen werden.

Original eingestellt von Rechtsanwältin Viola Hiesserich am Samstag, 10. April 2010 um 13:07

Donnerstag, 25. März 2010

Mindestlohn für Gebäudereiniger seit dem 10. März 2010




Am 09. März ist die Zweite Mindestlohnverordnung für die Branche der Gebäudereinigung im Bundesanzeiger (Nr. 37, S. 951) verkündet worden und ist damit am 10. März in Kraft getreten. Sie läuft bis 31.12.2011. Unterschieden wird zwischen der Region West mit Berlin und der Region Ost. Die Lohngruppe 1 (u. a. Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten) erhält in der Region West demnach ab 10.03.2010 8,40 € und ab dem 01.01.2011 8,55 €. In der Region Ost werden für die Lohngruppe 1 ab dem 10.03.2010 6,83 € und ab dem 01.01.2011 7,00 € gezahlt. Lohngruppe 6 (u. a. Glas- und Fassadenreinigung, Reinigung von Verkehrs- und Außenbeleuchtungsanlagen) erhält in der Region West ab dem 10.03.2010 11,13 € und ab dem 01.01.2011 11,50 €. Für die Region Ost sind ab dem 10.03.2010 8,66 € und ab dem 01.01.2011 8,88 € vorgesehen.

Was ist eigentlich der rechtliche Hintergrund für diese Mindestlöhne ?
Nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz besteht die Möglichkeit, branchenbezogene Mindestlöhne für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einer Branche verbindlich festzulegen, wenn die tarifgebundenen Arbeitgeber bundesweit weniger als 50 % der unter den Geltungsbereich aller Tarifverträge fallenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen. Die grundsätzliche Festsetzung, Änderung und Aufhebung erfolgt nach Prüfung durch den sogenannten Hauptausschuss. Ein mit Vertretern des jeweiligen Wirtschaftszweigs besetzter Fachausschuss kann dann die Höhe des konkreten Mindestlohnes durch Beschluss festlegen. Die so beschlossenen Mindestarbeitsentgelte kann die Bundesregierung als Rechtsverordnung auf Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erlassen. Die Mindestlöhne sind für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwingend und unabdingbar. Abweichende Regelungen können sich allerdings aus Gründen des Vertrauensschutzes aus Tarifverträgen ergeben.

Für folgende Branchen besteht nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz die Möglichkeit, Mindestlöhne festzulegen:

Bauhaupt- und Baunebengewerbe
Gebäudereinigung
Briefdienstleistungen
Sicherheitsdienstleistungen
Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken
Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft
Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst
Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach SGB II oder III
Pflegebranche (Altenpflege und ambulante Krankenpflege)

Original eingestellt von Rechtsanwältin Viola Hiesserich am Donnerstag, 25. März 2010 um 10:26

Mittwoch, 24. März 2010

Umsetzung des EuGH-Urteils zu Kündigungsfristen - kein Vertrauensschutz für Arbeitgeber




Erstmalig hat jetzt das Urteil des EuGH vom 19.01.2010 (Rs. C-555/07) bei einer Entscheidung des LAG Düsseldorf Berücksichtigung gefunden, auch wenn es sich dabei „nur“ um eine Kostenentscheidung handelte. Damit kam dann auch der Rechtsstreit zum Abschluss, der letztlich Auslöser des EuGH-Urteils gewesen war. Ausgangspunkt war eine Kündigungsschutzklage der Frau Kücükdeveci, die nach zehn Jahren von ihren Arbeitgeber mit einer Frist von einem Monat (hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt) gekündigt worden war. Mit der Klage war eben diese, nach Meinung der Klägerin zu kurze Kündigungsfrist, die auf der gesetzlich geregelten Nicht-Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr beruhte, angegriffen worden. Das inzwischen befasste LAG setzte das Verfahren hinsichtlich der Kündigungsfrist aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob § 622 Abs. 2 S. 2 BGB mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei und welche Folgen sich bei einer eventuellen Unvereinbarkeit ergäben.
Der EuGH hat daraufhin die Norm als gemeinschaftsrechtswidrig eingestuft. Die Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr führe zu einer Diskriminierung wegen des Alters, die jedoch grundsätzlich unzulässig sei. Die Parteien einigten sich daraufhin im Vergleichswege und baten das Gericht, über die Kosten nach § 91 a ZPO zu entscheiden. Demnach hatte die Klägerin die Kosten zu 2/3 zu tragen, da sie dem Grunde nach mit ihrer Kündigungsschutzklage unterlegen war. 1/3 der Kosten wurden allerdings dem Beklagten auferlegt, da die Klägerin vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils in Bezug auf die Kündigungsfrist obsiegt hätte. Das LAG hat insbesondere dargelegt, dass der Arbeitgeber auch nicht unter Vertrauensschutz-Gesichtspunkten zu schützen war. Zu dem Aspekt des Vertrauensschutzes hatte der EuGH zwar nicht explizit Stellung genommen. Das LAG ist jedoch nach Interessenabwägung zu dem Ergebnis gekommen, dass das Recht der Arbeitnehmerin auf diskriminierungsfreie Gleichbehandlung das Vertrauen des Arbeitgebers in die Anwendbarkeit der gesetzlichen Altersschwelle überwog. Demnach scheidet die Gewährung von Vertrauensschutz immer dann aus, wenn zwischen den Beteiligten ein noch offener Streit über die Kündigung schwebt und die rückwirkende Verlängerung der Kündigungsfrist für den Arbeitgeber keine unzumutbare Härte bedeutet oder seine Existenz gefährdet. Eine Gewährung von Vertrauensschutz kommt jedoch immer dann in Betracht, wenn das Gericht über einen Sachverhalt zu entscheiden hat, der vor Veröffentlichung des EuGH-Urteils bereits abgeschlossen war, weil der Arbeitnehmer eine Kündigung mit zu kurzer Frist hingenommen hat. Dies ergibt sich über die zivilrechtliche Generalklausel des § 242 BGB in Zusammenhang mit dem Institut der Verwirkung.

Original eingestellt von Rechtsanwältin Viola Hiesserich am 24. März 2010 um 17:17

Sonntag, 28. Februar 2010

Willkommen zu meinem Blog "Recht und Arbeit"





Ich begrüße Sie recht herzlich zu meinem neuen Blog "Recht und Arbeit".
Mein Name ist Viola Hiesserich und ich bin mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht in der Kanzlei Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte in Steinfurt als Rechtsanwältin tätig.
Wie man inzwischen tagtäglich den Medien entnehmen kann, ist die heutige Arbeitswelt einem immer schnelleren Strukturwandel unterworfen. Hinzu kommt die wachsende internationale Ausrichtung vieler Arbeitgeber, die insbesondere durch europarechtliche Einflüsse Auswirkungen auf viele Arbeitnehmer hat. Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzgeber aufgefordert, arbeitsrechtlichen Problemstellungen gerecht zu werden, die noch vor wenigen Jahrzehnten gänzlich unbekannt waren. Damit wird auch die Rechtsprechung immer diffiziler und zunehmend unübersichtlich.
Mit diesem Blog möchte ich Ihnen in unregelmäßigen Abständen arbeitsrechtliche Themen näher bringen, die nicht nur für Juristen interessant, sondern auch für Laien folgenreich sein können.