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Samstag, 24. November 2012

Arbeitsunfähigkeit: Bescheinigung am ersten Krankheitstag

Gem. § 5 Abs. 1 S. 3 EFZG dürfen Arbeitgeber schon am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit ein ärztliche Bescheinigung darüber verlangen. Das Verlangen steht im Ermessen des Arbeitgebers und ist an keine besonderen Voraussetzungen geknüpft. Insbesondere ist kein Verdacht erforderlich, dass der Arbeitnehmer seine Erkrankung nur vortäuscht (BAG, 14.11.2012, Az. 5 AZR 886/11).

Beklagte war kein geringerer als der WDR, der von einer seiner Redakteurinnen nach vorausgegangenen Unstimmigkeiten für die Zukunft die Vorlage eines ärtzlichen Attest bereits für den ersten Tag einer jeden Erkrankung gefordert hatte. Diese begehrte mit ihrer Klage den Widerruf dieser Weisung.

Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Zwar ermöglicht § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG grundsätzlich die Vorlage erst dann, wenn die AU länger als drei Kalendertage dauert. Nach Satz 3 der Norm ist der Arbeitgeber jedoch berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung auch schon früher zu verlangen, und zwar nach seinem Ermessen und unabhängig von weiteren Voraussetzunge, wie z. B. einem Mißbrauchsverdacht.

Zur weiteren Informationen sei auf die entsprechende Pressemitteilung des BAG verwiesen.



Frau Hiesserich ist tätig in der Kanzlei Störmer & Hiesserich in Steinfurt.

Freitag, 23. November 2012

"Zweiter Weg": Kirchen dürfen per Tarifvertrag Streiks ausschließen

Aufgrund ihres Selbstbestimmungsrechts steht es Kirchen frei, die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten nur dann durch Tarifvertrag zu regeln, wenn die Gewerkschaft vorher einer absoluten Friedenspflicht und einem Schlichtungsabkommen zustimmt. In diesem Fall sind Streikmaßnahmen zur Durchsetzung von Tarifforderungen unzulässig (BAG, 20.11.2012, Az. 1 AZR 611/11).

Vorliegend hatte der von der ehemaligen Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche gegründete Arbeitgeberverband gegen den Bundesverband des Marburger Bundes auf Unterlassung von Streikmaßnahmen geklagt. Der Bundesverband des Marburger Bundes hatte den Kläger zur Aufnahme von Tarifverhandlungen aufgefordert, was der Kläger jedoch ablehnte, weil der Beklagte nicht auf Arbeitskampfmaßnahmen verzichten wollte. Daraufhin führte der Beklagte einen Streik durch, den ihm das Arbeitsgericht Hamburg im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens rechtskräftig erlaubt hatte.
Zwar stand in dem der Klage zugrunde liegenden Fall dem Kläger aus anderen Gründen kein Unterlassunganspruch zu, so dass die Klage in allen Instanzen keinen Erfolgt hatte.
Dennoch hat das BAG klargestellt, dass grundsätzlich das Streikrecht gegenüber dem im "Zweiten Weg" zum Ausdruch kommenden kirchlichen Selbstbestimmungsrecht zurück zu treten hat. Dieses wird durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV, Art. 4 GG verfassungsmäßig geschützt und schließt als bekenntnisgemäß modifiziertes Tarifvertragsverfahren den Arbeitskampf aus.

Weiteres ergibt sich aus der Pressemitteilung des BAG.


Die Autorin ist Rechtsanwältin in Steinfurt und dort schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Arbeitsrechts tätig.