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Mittwoch, 20. Februar 2013

Mobbing: Voraussetzungen für Schmerzensgeld

Gerichtsverfahren, die Mobbing-Betroffenen den erhofften Erfolg bringen, sind selten.
So auch in einem Fall, den das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zu entscheiden hatte (Urteil vom 09.08.2012, Az. 11 Sa 731/11).
Das LAG hat in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Mobbingbetroffene zunächst ihren Arbeitgeber auf ihre Situation hinweisen und diesen zum Tätigwerden auffordern müssen, sofern es zumutbar ist. Erst wenn hierauf nichts passiert, kann der Arbeitgeber auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Dies folge zunächst aus der Schadensminderungspflicht. Ferner könne der Arbeitgeber schon denklogisch nur dann für Abhilfe sorgen, wenn er überhaupt von der Situation des Mobbingbetroffenen Kenntnis erhalten habe.
Was sich theoretisch einfach anhört, begegnet praktisch allerdings erheblichen Bedenken. Nicht selten sind Vorgesetzte an Mobbinghandlungen beteiligt oder dulden sie zumindest stillschweigend, woraus sich ein zusätzlicher Druck für die Betroffenen ergibt. Häufig besteht die Befürchtung, der Arbeitgeber werde sich eher auf die Seite des Vorgesetzten als auf die des Betroffenen stellen. Es wird also tatsächlich in jedem einzelnen Fall zu prüfen sein, ob es dem Betroffenen zumutbar war, sich vor der Geltendmachung von Schadensersatz (im Kündigungsfalle) und Schmerzensgeld zunächst an den Arbeitgeber zu wenden. Hierbei sollte auch nicht unberücksichtigt bleiben, ob und welche Maßnahmen der Arbeitgeber im Rahmen einer ordnungsgemäßen Betriebs- und Mitarbeiterführung und vor dem Hintergrund seiner Fürsorgepflicht ergriffen hat, um Mobbinghandlungen vorzubeugen, wenn nötig zu erkennen und rechtzeitig gegen zu steuern (Hier ist insbesondere die von der Rechtsprechung und ganz herrschenden Meinung bejahte Haftung des Arbeitgebers für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte zu beachten, BAG, Urteil vom 16.05.2007, Az. 8 AZR 709/06 m. w. N.).
Zwar dürfen Arbeitgeber im Sinne der Rechtsordnung nicht ohne jeglichen anderen Handlungsmöglichkeiten Ersatzforderungen von Betroffenen ausgesetzt sein. Andererseits  dürfen die Hürden für Betroffene aber auch nicht so unüberwindbar hoch gehängt werden, dass sie auf einen Täterschutz hinauslaufen, denn dieser kann letztlich auch nicht im betrieblichen Interesse sein.


Viola Hiesserich ist tätig in der Kanzlei Störmer & Hiesserich in Steinfurt.



Dienstag, 19. Februar 2013

Elternzeit: Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit

Eine einvernehmliche Elternteilzeitregelung steht dem Anspruch der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers, während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit beanspruchen zu können, nicht entgegen.
Das hat heute das Bundesarbeitsgericht entschieden (Az. 9 AZR 461/11).

Gem. § 15 Abs. 5 S. 1 BEEG kann beim Arbeitgeber während der Elternzeit eine Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung beantragt werden. Die Parteien sollen sich sodann innerhalb von vier Wochen einigen, § 15 Abs. 5 S. 2 BEEG. Ist eine einvernehmliche Regelung nicht möglich, kann die Arbeitnehmerin/ der Arbeitnehmer nach § 15 Abs. 6 BEEG unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG während der Elternzeit zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit beanspruchen.

Das BAG hat nun klar gestellt, dass dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit eine Vereinbarung der Parteien nicht entgegen steht. Einvernehmliche Elterteilzeitregelungen sind nicht auf den Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit anzurechnen.



Die Autorin ist in Steinfurt als Rechtsanwältin tätig und dort für das Arbeitsrecht zuständig.


Mittwoch, 13. Februar 2013

Arbeitszeugnis: Darlegungs- und Beweislast bei Korrektur

Wie das Arbeitsgericht Berlin in einem jetzt veröffentlichten Urteil (Urteil vom 26.10.2012, Az. 28 Ca 18230/11) entschieden hat, obliegt es dem Arbeitgeber, diejenigen Tatsachen beizubringen, die einer "guten" Gesamtbewertung entgegenstehen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B. BAG v. 14.10.2003, Az. 9 AZR 12/03) hatte stets der Arbeitnehmer eine gute oder sehr gute Leistung darzulegen und zu beweisen. Das Arbeitsgericht Berlin stützt seine oben genannte Entscheidung jedoch auf aktuelle empirische Erkenntnisse der Universität Erlangen-Nürnberg, nach denen mittlerweile in 86,6 % aller Arbeitszeugnisse gute oder bessere Leistungen bescheinigt werden. Demnach kann einem Arbeitnehmer nicht länger der Nachweis dafür auferlegt werden, dass er zu Unrecht in die Gruppe der schwächsten 13,4 % aller Beschäftigten eingeordnet worden sei. 


Rechtsanwältin Hiesserich ist in der Kanzlei Störmer & Hiesserich für das Arbeitsrecht zuständig.