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Mittwoch, 14. Dezember 2011

Fristlose Kündigung während Freistellung

Eine fristlose Kündigung ist unter bestimmten Voraussetzungen auch dann möglich, wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer bis zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt hat. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn der Arbeitgeber in diesem Zeitraum Kenntnis von schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers erfährt, so LAG Hessen am 29.08.2011, Az. 7 Sa 248/11.

Im dortigen Fall hatte ein Bankmitarbeiter kurz vor Beginn seiner Freistellung zahlreiche dem Bankgeheimnis unterliegende Dateien an seine private E-Mail-Adresse verschickt. Hierin hat das LAG eine derart schwere Pflichtverletzung gesehen, das es ein Festhalten des Arbeitgebers am Arbeitsvertrag bis zum regulären Ende als nicht zumutbar erachtet hat. Dem Fehlverhalten des Arbeitnehmers sei ein nahezu gleich großes Gewicht wie einer strafbaren Handlung zu Lasten des Arbeitgebers beizumessen gewesen, so dass die fristlose Kündigung auch in einem tatsächlich nicht mehr vollzogenen Arbeitsverhältnis gerechtfertigt war.


Viola Hiesserich ist Rechtsanwältin in Steinfurt und hier auf das Gebiet des Arbeitsrechts spezialisiert.

Dienstag, 13. Dezember 2011

Verkäufer haften für ihre Kunden ?

Nach den Grundsätzen der eingeschränkten Haftung von Arbeitnehmern besteht in der Regel keine Ersatzpflicht, wenn Kunden Ware aus einem Ladengeschäft entwenden.

Dies hat jetzt das Arbeitsgericht Oberhausen entschieden (24.11.2011, Az. 2 Ca 1013/11).
Im dortigen Fall waren hinter dem Rücken des Klägers, der sich als Verkäufer in einem Verkaufsgespräch befand, Mobiltelefone im Wert von ca. 6.000,- € aus dem hinter dem Ladenlokal befindlichen Warenlager gestohlen worden. Für diese forderte der Beklagte im Rahmen einer Widerklage Schadensersatz von seinem ehemaligen Arbeitnehmer. Das Arbeitsgericht hat diese Widerklage jedoch mit Hinweis auf allenfalls leichteste Fahrlässigkeit des Verkäufers abgewiesen. Für diesen Grad der Fahrlässigkeit besteht nach den Grundsätzen der eingeschränkten Haftung von Arbeitnehmern keine Ersatzpflicht.


Die Autorin ist Rechtsanwältin in Steinfurt.

Donnerstag, 10. November 2011

Prof. Franz Josef Düwell im Ruhestand

Zum 31.10.2011 ist der Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Fanz Josef Düwell in den Ruhestand getreten. 
Düwell war seit 1993 am BAG tätig. Er gehörte durchgängig dem Neunten Senat an, seit dem 01.09.2001 als dessen Vorsitzender. Während seiner Tätigkeit hat der insbesondere die Rechtsprechung zu den Rechten schwerbehinderter Menschen, zum Teilzeit- und Befristungsgesetz sowie im Urlaubsrecht maßgeblich mit gestaltet.

Mittwoch, 9. November 2011

Kündigung eines Polizisten wegen außerdienstlicher Straftaten

Die fristgemäße Kündigung eines Polizisten wegen außerdienstlich begangener Straftaten ist rechtmäßig, auch wenn keine konkreten Anhaltspunkte für ein entsprechendes Fehlverhalten während der Dienstzeiten vorliegen. Die hoheitlich geprägten Befugnisse und Aufgaben der Polizei setzen eine unbedingte Rechtstreue der dort Beschäftigten voraus. 


Im zugrunde liegenden Fall hat das LAG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 25.10.2011 (Az. 19 Sa 1075/11) das Urteil des vorinstanzlichen Arbeitsgerichts bestätigt, wonach dem Land nicht zugemutet werden kann, einen vormals im Objektschutz eingesetzten Polizei-Angestellen zu beschäftigen, der in seiner Freizeit "liquid ecstasy" in nicht geringer Menge hergestellt hatte. Ferner hätte im entschiedenen Fall nicht ausgeschlossen werden können, dass der Kläger seinen Dienst unter Betäubungsmitteleinfluss ausgeübt haben würde, was möglicherweise für die Allgemeinheit mit unabsehbaren Folgen verbunden gewesen wäre.




Viola Hiesserich ist Rechtsanwältin in Steinfurt.

Freitag, 7. Oktober 2011

Urlaub zu vererben ?!

Endet ein Arbeitsverhältnis mit dem Tod des bis dahin erkrankten Arbeitnehmers, so wandelt sich bis dahin aufgelaufener Urlaub nicht gem. § 7 Abs. 4 BUrlG in einen Abgeltungsanspruch um. Vielmehr erlischt der Urlaubsanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers und kann insofern nicht (mehr) in den Anwendungsbereich des § 1922 BGB fallen, wonach im Erbfall das Vermögen als Ganzes auf die Erben übergeht.
Dies wird auch nicht in Frage gestellt durch die aktuellen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts zur Urlaubsabgeltung bei Langzeit-Erkrankten.


Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung vom 20.09.2011 klargestellt (Az. 9 AZR 416/10).




Die Autorin ist Rechtsanwältin in Steinfurt in der Kanzlei Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte.

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Überprüfung des Jugendarbeitsschutzgesetzes

Seid Ende letzten Jahres hat eine Arbeitsgruppe aus Vertreten von Bund und Ländern das aus 1976 stammende Jugendarbeitsschutzgesetz auf eventuellen Änderungsbedarf überprüft. Hintergrund waren vor allem die Arbeitsbedingungen von Jugendlichen im Hotel- und Gaststättengewerbe.


Im Laufe diesen Jahres hat die Arbeitsgruppe nun ihre Ergebnisse vorgelegt und zieht insgesamt den Schluss, dass kein Änderungsbedarf besteht, was das Jugendarbeitsschutzgesetz angeht. Der Jugendarbeitsschutz befinde sich insgesamt bereits auf einem hohen Niveau. Dieses gelte es zu sichern, so dass sich die Arbeitsgruppe gegen die stärkere Ausdehnung der Arbeitszeit sowie die Ausweitungen der Möglichkeit zur Nachtarbeit ausspricht.


Eine Umsetzung der Ankündigung der Bundesregierung im Koalitionsvertrag, Ausbildungshemmnisse im Gastgewerbe durch ein flexibleres Jugendarbeitsschutzgesetz abzubauen, wird es daher bis auf weiteres nicht geben.

Sonntag, 18. September 2011

Kündigung wegen Wiederverheiratung

Mit Urteil vom 08.09.2011 hat sich das Bundesarbeitsgericht zum schon fast klassischen Fall der Kündigung in einem religiös geprägten Betrieb wegen erneuter Heirat geäußert (Az. 2 AZR 543/10). 
Das BAG hatte dabei über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Der in einem katholischen Krankenhaus beschäftigte Kläger hatte, nachdem seine erste Ehefrau ihn verlassen hatte, nach zwei Jahren außerehelichen Zusammenlebens, das der Beklagten bekannt war, seine jetzige Ehefrau standesamtlich geheiratet. Der Arbeitsvertrag war seinerzeit unter Zugrundelegung der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse des Erzbistums Köln geschlossen worden. Neben dem Kläger beschäftigte die Beklagte auch nicht katholische, wiederverheiratete Chefärzte. Als die Beklagte jedoch von der Wiederverheiratung des Klägers erfuhr, kündigte sie dessen Arbeitsverhältnis ordentlich.


Die Kündigung war jedoch sozial ungerechtfertigt i. S. d. § 1 KSchG.
Zwar handelte es sich bei der Wiederverheiratung des Klägers um einen Loyalitätsverstoß, dem auch ein erhebliches Gewicht beikam, so dass die Beklagte grundsätzlich i. S. d. Art. 5 Grundordnung berechtigt war. Zugunsten des Klägers war jedoch im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass die Beklagte selbst nicht nur in ihrer Grundordnung, sondern auch in der täglichen Praxis auf ein durchgehend und ausnahmslos der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verpflichtendes Lebenszeugnis ihrer leitenden Angestellten verzichtet. So hatte die Beklagte nicht nur das nichteheliche Zusammenleben des Klägers mit seiner Lebensgefährtin über zwei Jahre unbeanstandet geduldet. Zudem hatte sie selbst nicht katholische wiederverheiratete Ärzte beschäftigt.


Die Klage hatte daher in allen Instanzen Erfolg.




Die Autorin ist Rechtsanwältin in Steinfurt.

Donnerstag, 1. September 2011

Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt

Die Bundesregierung plant umfangreiche Änderungen im SGB III (Arbeitsförderung).
Zielsetzung ist eine erhöhte Effektivität verschiedener Arbeitsmarktinstrumente. Zugleich sind strukturelle Einsparungen bei der Bundesagentur für Arbeit geplant.
Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat der Bundesrat im Juli an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.


Im Wesentlichen soll damit Folgendes erreicht werden:


- Neuordnung der Leistungen der aktiven Arbeitsförderung
- Neustrukturierung der Leistungen für junge Menschen
- Weiterentwicklung der Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung und Zusammenfassung der Eingliederungszuschüsse
- Straffung der Förderung der beruflichen Weiterbildung
- Anpassung der Kurzarbeit
- Neuordnung der Regelungen zu Transfermaßnahmen
- Neuregelung der Leistungen für Selbständige
- Umstrukturierung der öffentliche geförderten Beschäftigung
- Erweiterung der Möglichkeiten der freien Förderung im SGB II


Es bleibt abzuwarten, was hiervon konkret in welcher Art und Weise umgesetzt werden wird.




Die Autorin ist Rechtsanwältin in Steinfurt und auf das Gebiet des Arbeitsrechts spezialisiert.

Freitag, 26. August 2011

Kündigung wegen verspäteter Krankmeldung

Aus einer nun veröffentlichten Entscheidung des Hessischen LAG vom 18.01.2011 (Az. 12 Sa 522/10) geht hervor, dass eine wiederholte Verletzung der Meldepflicht bei Erkrankung eine ordentliche Kündigung rechtfertigt, sofern der Arbeitgeber vorher erfolglos eine Abmahnung ausgesprochen hat.


Der betroffene Arbeitnehmer war bei einem Unternehmen beschäftigt, was unter anderem mit Flugzeuginnenreinigungen beschäftigt ist. Zwischen 2003 und 2009 zeigte er insgesamt sechs mal seine Arbeitsunfähigkeit nicht wie gesetzlich vorgesehen an. Hierfür mahnte ihn die Arbeitgeberin vier mal ab. Als der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit erneut nicht unverzüglich meldete, kündigte die Arbeitgeberin fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin.


Das hessische LAG hat die soziale Rechtfertigung der Kündigung bestätigt. Die Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtlicher Dauer ergebe sich aus dem Gesetz und bestehe unabhängig von der Pflicht zur Vorlage einer ärztlichen AU.
Das Interesse der Arbeitgeberin daran, dass das eingeteilte Personal zu den vorgegebenen Zeiten erscheint oder aber durch rechtzeitige Mitteilung eine anderweitige Personaldisposition möglich macht, überwog in Zusammenschau mit der Häufigkeit der Pflichtverstöße und der daraus resultierenden negativen Zukunftsprognose die 16-jährige Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers bei weitem. Die Kündigung war deshalb als wirksam anzusehen.




Rechtsanwältin Hiesserich ist gemeinsam mit Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht Stephan Störmer in Steinfurt tätig.

Montag, 8. August 2011

Anonymisierte Bewerbungen - eine Zwischenbilanz

Vor fast genau einem Jahr, am 14.09.2010, wurde an dieser Stelle über ein Pilotprojekt berichtet, mit dem unter anderem herausgefunden werden sollte, ob Bewerbungen, in denen bewusst keine Angaben zu Name, Geschlecht, Nationalität, Geburtsort, Behinderung, Alter und Familienstand gemacht werden und denen kein Foto beigefügt ist, zu einer höheren Chancengleichheit führen.


Nun hat die Antidiskriminierungsstelle (ADS) erste Zwischenergebnisse vorgelegt.


In den letzten sechs Monaten sind bei den fünf beteiligten Unternehmen ca. 4.000 anonymisierte Bewerbungen eingegangen, insgesamt wurden 111 Stellen besetzt.
Die Reaktionen von Personalabteilungen und Bewerbern waren Befragungen zufolge überwiegend positiv.


Nach praktischer Überprüfung von vier verschiedenen Bewerbungsverfahren (Schwärzen sensibler Daten, Übertragung von Bewerber-Daten in eine anonymisierte Tabelle, standardisiertes Bewerbungsformular im Online-Verfahren oder zum Download, "Blindschaltung" persönlicher Daten durch EDV), die alle als geeignet eingestuft werden, empfiehlt die ADS besonders die Verwendung standardisierter Bewerbungsformulare.


Bereits jetzt deutet alles darauf hin, dass durch die genannten Verfahren eine Fokussierung der Einstellungsverantwortlichen auf die fachlichen Qualifikationen zur Folge hatte.




Die Autorin ist Rechtsanwältin in Steinfurt.

Freitag, 29. Juli 2011

ELENA gescheitert !

Das Bundesarbeits- und das Bundeswirtschaftsministerium haben sich darauf geeinigt, das Verfahren zum elektronischen Entgeltnachweis (ELENA) so schnell wie möglich einzustellen.


Offizieller Grund für diese Entscheidung ist, dass der datenschutzrechtlich zwingend gebotene Sicherheitsstandard in absehbarer Zeit nicht flächendeckend verbreitet werden kann.


Damit die von Arbeitgebern getätigten, teilweise erheblichen Investitionen nicht umsonst waren, soll nun ein Konzept erarbeitet werden, wonach die bestehende Infrastruktur für ein einfacheres und unbürokratischeres Meldeverfahren in der Sozialversicherung genutzt werden kann.


Rechtsanwältin Hiesserich ist in der Kanzlei Störmer & Hiesserich in Steinfurt tätig und dort für den Bereich des Arbeitsrechts zuständig.

Donnerstag, 28. Juli 2011

Kündigung aufgrund von Whistleblowing

Kündigungen wegen sogenannten "Whistleblowings", dem öffentlichen Bekanntmachen von Missständen beim Arbeitgeber, können gegen die durch Art. 10 EMRK geschützte Freiheit der Meinungsäußerung verstoßen.


Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nun hinsichtlich einer Kündigung einer Altenpflegerin in Berlin bestätigt (EGMR, Entscheidung vom 21.07.2011, Beschwerde-Nr. 28274/08). Die dort Betroffene hatte erhebliche Vorwürfe gegen ihren Arbeitgeber hinsichtlich eines jahrelangen Personalnotstands und damit verbundener Pflegemängel erhoben. Die daraufhin ausgesprochene Kündigung war in allen innerdeutschen Instanzen als wirksam erachtet worden.


Wie der EMRG jetzt allerdings klargestellt hat, fällt "Whistleblowing" grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Art. 10 EMRK, der die Freiheit der Meinungsäußerung schützt. Dies gilt auch und insbesondere dann, wenn die Vorwürfe eine rufschädigende Wirkung für das Unternehmen haben, das öffentliche Interesse an der damit verbundenen Information aber so schwer wiegt, dass die Interessen des Unternehmens dahinter zurück stehen müssen.


Es etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der "Whistleblower" leichtfertig oder gar wissentlich falsche Angaben gemacht hat.


Im vorliegenden Fall wurde Deutschland vom EGMR verurteilt, der Altenpflegerin eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 15.000,00 € zu zahlen.




Die Autorin ist Rechtsanwältin in Steinfurt in der Kanzlei Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte.

Donnerstag, 30. Juni 2011

Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen

Grundsätzlich sind die vier Kriterien des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG (Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung) gleichrangig. Der Arbeitgeber hat insofern einen Wertungsspielraum. Dies bedeutet jedoch nicht, dass quasi jede Auswahlentscheidung des Arbeitgebers akzeptabel wird. Das Gebot der sozialen Auswahl darf jedenfalls nicht gänzlich unterlaufen werden.


Vor diesem Hintergrund hat das LAG Köln (Entscheidung vom 18.02.2011, Az. 4 Sa 1122/10) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der altersbedingt schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat, schützenswerter ist als ein deutlich jüngerer Arbeitnehmer, selbst, wenn dieser gegebenenfalls Kindern gegenüber unterhaltspflichtig ist.




Rechtsanwältin Hiesserich aus Steinfurt ist in der Kanzlei Störmer und Hiesserich für den Bereich des Arbeitsrechts zuständig.

Kündigungszugang am Arbeitsplatz des Ehegatten ?!

Was sich zunächst ungewöhnlich anhört, hat jetzt das BAG als wirksam bestätigt (Entscheidung vom 09.06.2011, Az. 6 AZR 687/09).


Die dortige Beklagte hatte das Kündigungsschreiben nicht ihrer Arbeitnehmerin persönlich zukommen lassen, sondern das Schreiben dem Ehegatten an dessen Arbeitsplatz, einem Baumarkt, übergeben. Dieser gab es jedoch nicht gleichtägig, am 31.1., sondern erst am nächsten Tag, dem 1.2., an die Klägerin weiter.


Zwar trägt bei einer Kündigung unter Abwesenden gem. § 130 BGB der Kündigende das Risiko des rechtzeitigen Zugangs seiner Willenserklärung. Allerdings können Arbeitgeber Kündigungsschreiben auch an eine (dritte) Person weitergeben, die mit dem Erklärungsempfänger zusammen lebt und die aufgrund "sittlicher und geistiger Reife" geeignet erscheint, die Erklärung als Empfangsbote rechtzeitig weiter zu leiten. Davon wird nach der allgemeinen Lebenserfahrung bei Ehegatten ausgegangen. Demnach konnte die Klägerin unter normalen Umständen noch am selben Tag von der Kündigung Kenntnis erlangen. Dass der Ehemann die Kündigung an seinem Arbeitsplatz und nicht in der gemeinsamen Wohnung ausgehändigt bekam, stand dem wirksamen Zugang der Kündigung lt. BAG nicht entgegen.




Die Autorin ist Rechtsanwältin in Steinfurt in der Kanzlei Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte.

Freitag, 27. Mai 2011

Video-Überwachung des Arbeitsplatzes II

Die Video-Überwachung von Arbeitsplätzen scheint sich immer größerer Beliebtheit unter den Arbeitgebern zu erfreuen (siehe Post vom 02.02.2011).


Diesmal hatte ein Gastwirt aus Düsseldorf von seinem Ausschank-Raum in Düsseldorf Video-Aufzeichnungen angefertigt, die er als Beweis für die nicht korrekte Arbeitsweise eines seiner Kellner im arbeitsgerichtlichen Verfahren vorlegte. Das Arbeitsgericht Düsseldorf (Az. 11 Ca 7326/10, Urteil vom 03.05.2011) hat die Aufnahmen jedoch nicht verwertet. Der Arbeitgeber hatte keine vorausgehenden tatsächlichen nachprüfbaren Anhaltspunkte für seinen Verdacht auf bestimmte Personen sowie eine bestimmte Tat darlegen können. Erst, wenn dies der Fall ist, darf nach einer umfassenden Interessenabwägung eine heimliche Überwachung des Arbeitsplatzes in Erwägung gezogen werden. Pauschale Verdächtigungen reichen hingegen nicht aus.


Das Gericht gab daher der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers statt.


Rechtsanwältin Hiesserich aus Steinfurt bearbeitet neben dem allgemeinen Zivilrecht speziell auch Fälle des Arbeitsrechts.

Donnerstag, 26. Mai 2011

Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten

Wie das Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 1409/10) nunmehr zumindest für öffentliche Arbeitgeber entschieden hat, dürfen Mutterschutzzeiten bei der Berechnung der Wartezeit für eine betriebliche Zusatzversorgung nicht unberücksichtigt bleiben.


Ansonsten liegt ein Verstoß gegen das Verbot der geschlechterbezogenen Diskriminierung aus Ar. 3 Abs. 3 S. 1 GG vor, denn Frauen mit Mutterschutzzeiten werden gegenüber männlichen Arbeitnehmern ungleich behandelt, da deren Erwerbsbiographien nicht durch entsprechende gesetzlich zwingend vorgeschriebene Zeiten unterbrochen würden. Des weiteren läge eine Ungleichbehandlung gegenüber solchen Arbeitnehmern vor, die Krankengeld oder einen entsprechenden Zuschuss des Arbeitgebers erhielten.


Eine solche Diskriminierung von Müttern durch die Hintertür sei vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund nicht hinzunehmen.


Rechtsanwältin Hiesserich aus Steinfurt hat sich auf das Gebiet des Arbeitsrechts spezialisiert.

Mittwoch, 25. Mai 2011

Bindung an Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen

An einer Vereinbarung, wonach der Arbeitgeber als Gegenleistung für einen finanziellen Verzicht der Arbeitnehmer bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet, muss sich der Arbeitgeber grundsätzlich festhalten lassen.


Dies gilt insbesondere dann, wenn der Kündigungsausschluss nur noch für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum wirkt und der Arbeitgeber die Vereinbarung in Kenntnis seiner schwierigen finanziellen Situation vereinbart hat.


Die ersten drei Klagen von Arbeitnehmern gegen das Katholische Klinikum Duisburg, KKD, wegen dennoch ausgesprochener außerordentlicher Kündigungen hatten jetzt vor dem Arbeitsgericht Duisburg Erfolg (Az. 3 Ca 436/11 u. a.).


Rechtsanwältin Viola Hiesserich aus Steinfurt ist neben ihrer allgemeinen Tätigkeit auf Arbeitsrecht spezialisiert.

Donnerstag, 7. April 2011

Kündigungsschutz bei Bagatell-Delikten

Am 24.03.2011 hat der Bundestag einen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, einen Gesetzentwurf der Fraktion "Die Linke" sowie einen entsprechenden Antrag der Grünen-Fraktion zur Ausweitung des Kündigungsschutzes wegen Bagatell-Delikten abgelehnt.


Anlass zu den entsprechenden Entwürfen hatte die viel diskutierte "Emmely-Fall"-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.06.2010 (Az. 2 AZR 541/09) gegeben.


Die SPD-Fraktion wollte daraufhin ein grundsätzliches Abmahn-Erfordernis bei verhaltensbedingten Kündigungen in gleich gelagerten Fällen durch einen neuen Abs. 3 in § 1 KSchG normiert sehen, auf den durch entsprechende Änderungen in § 626 BGB und § 22 BBiG verwiesen werden sollte.


Die Fraktion der Linken wollte dieses Erfordernis auch auf personenbedingte Kündigungen ausdehnen sowie eine generelle Unwirksamkeit von Verdachtskündigungen geregelt wissen.


Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP sahen jedoch mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes keinen Regelungsbedarf und lehnten die Gesetzesentwürfe daher ab.






Rechtsanwältin Hiesserich aus Steinfurt hat sich neben ihrer allgemeinen Tätigkeit auf das Gebiet des Arbeitsrechts spezialisiert.

Mittwoch, 6. April 2011

Sehr geehrte Frau, sehr geehrter Herr

Eine falsche Anrede bei Ablehnung einer Bewerbung lässt nicht automatisch Rückschlüsse auf eine Diskriminierung zu.


Dies hat das Arbeitsgericht Düsseldorf am 09.03.2011 entschieden (Az. 14 Ca 908/11).


Im zugrunde liegenden Fall begann die Ablehnung einer Bewerberin mit Migrationshintergrund mit den Worten "Sehr geehrter Herr, ...". Die Abgelehnte sah hierin eine Diskriminierung wegen ihrer ethnischen Herkunft, da aus der von ihr eingereichten Bewerbung eindeutig hervor gegangen sei, dass sie weiblich sei. Sie selbst hielt hierfür einen Schadensersatz in Höhe von 5.000,00 €, gestützt auf §§ 15, 1 AGG, für angemessen.


Diese Einschätzung teilte das Arbeitsgericht Düsseldorf nicht. Im vorliegenden Fall sei es ebenso wahrscheinlich gewesen, dass es sich um einen schlichten Schreibfehler in der Bearbeitung gehandelt habe.


Die Klage wurde abgewiesen.

Dienstag, 5. April 2011

Vereinbarkeit von Kindern und Beruf - alles eine Frage der Organisation, oder ... ?!

Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich das ein oder andere Unternehmen für eine werte- und rechtsfreie Zone hält. 


So anscheinend auch ein Unternehmen, dass einer in Elternzeit befindlichen Abteilungsleiterin, mit der eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden (drei Tage zuhause und zwei Tage im Büro) vereinbart war, plötzlich Folgendes mitteilte: Ihre deutsche Abteilung sei geschlossen worden, so dass sie die zwei Tage Präsenzeit pro Woche nunmehr in der Londoner Konzernzentrale ableisten sollte. Die Kosten für An- und Abreise sowie auswärtige Unterbringung sollte sie im Wesentlichen selbst tragen.


Hiergegen ging die Betroffene im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor.
Während die erste Instanz noch ihr Ansinnen zurückwies, hat das Hessische LAG dem Antrag stattgegeben (Entscheidung vom 15.02.2011, Az. 13 SAGA  1934/10). Die Maßnahme des Arbeitgebers komme einer unzulässigen "Strafversetzung" gleich, die unter Abwägung aller Interessen unzumutbar und damit unzulässig sei. Das Modell zur Vereinbarung von Familie und Beruf werde hierdurch gesprengt. Im Übrigen sei die Anweisung des Arbeitgebers so offenkundig rechtswidrig gewesen, dass der Arbeitnehmerin ein Abwarten der Hauptsache nicht zuzumuten gewesen sei und deshalb die Sache im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden werden konnte.


Es dürfte allerdings erheblich zu denken geben, dass es ein Unternehmen überhaupt so weit kommen lässt und dann anscheinend auch noch gerichtlich (zumindest erstinstanzlich) in einem solchen Vorgehen bestätigt wird - gut, dass es in derartigen Fällen noch eine weitere Instanz gibt !

Donnerstag, 31. März 2011

Kurzarbeitergeld / Leiharbeitsunternehmen

Leiharbeitsunternehmen können bei einem Arbeitsausfall grundsätzlich kein Kurzarbeitergeld für ihre Arbeitnehmer verlangen.


Dies hat das Hessische LAG am 18.03.2011 entschieden (Az. L 7 AL 21/08).


Ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld setzt nämlich nach § 169 Nr. 1 SGB III voraus, dass ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegen muss. Ein Arbeitsausfall ist allerdings nur dann erheblich, wenn er nicht vermeidbar ist, § 170 ABs. 1 Nr. 3 SGB II. Vermeidbar ist er gem.  § 170 Abs. 4 Nr. 1 SGB III allerdings dann, wenn der Arbeitsausfall branchenüblich ist. Dann ist jedoch wiederum der Anspruch auf Kurzarbeitergeld ausgeschlossen.


So liege der Fall in der Leiharbeitsbranche. Die Leiharbeitsunternehmen trügen das Beschäftigungsrisiko und dürften dieses nicht auf ihre Arbeitnehmer oder die Allgemeinheit abwälzen.


Die Klage des Leiharbeitsunternehmens gegen die Bundesagentur für Arbeit (BA) wurde daher in der ersten und zweiten Instanz abgewiesen.

Freitag, 18. März 2011

Hohe Nachforderungen an Zeitarbeitsunternehmen

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt in seiner Begründung des Beschlusses vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) klargestellt, dass ALLE von der CGZP (Tarifgemeinschaft christlicher Zeitarbeitsgewerkschaften) abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sind, denn die CGZP sei keine Spitzenorganisation, die im eigenen Namen Tarifverträge abschließen könne.

Dies gelte rückwirkend ab 2003. Deshalb können Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter mit Verträgen ab 2005 nun Nachzahlungen verlangen. Sie müssen ihre Rechte allerdings ggf. gerichtlich geltend machen.

Auf diese Weise könnten für die Zeitarbeitsbranche schnell Millionen-Beträge zusammen kommen, da sie nicht nur von Leiharbeitnehmern, sondern auch von Sozialversicherungsträgern in Anspruch genommen werden können.

Donnerstag, 17. März 2011

Urlaub - selbstbewilligt !

Langsam geht die Urlaubs-Saison wieder los. Doch was tun, wenn der Arbeitgeber den beantragten Urlaub nicht wie gewünscht bewilligt ? Einfach trotzdem nehmen ?! Dies tat jedenfalls eine Mitarbeiterin Bundesagentur für Arbeit - und wurde daraufhin fristlos gekündigt.


Das Arbeitsgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab; Das LAG Berlin-Brandenburg hob die Entscheidung jedoch auf und gab der Klage statt (Urteil vom 26.11.2010 - Az. 10 Sa 1823/10).


Obwohl die Beklagte die Klägerin ausdrücklich auf ihre Arbeitspflicht hingewiesen und für den Fall des Nichterscheines Konsequenzen bis hin zur Kündigung in Aussicht gestellt hatte, der Fall überdies mit einer beharrlichen Arbeitsverweigerung vergleichbar und schließlich eine Abmahnung nicht erforderlich gewesen sei, so sei die Kündigung gleichwohl unwirksam gewesen.


Nach einer Interessenabwägung sei zugunsten der Klägerin deren lange beanstandungsfreie Beschäftigungszeit (30 Jahre) zu berücksichtigen sowie die Tatsache, dass sie aufgrund ihrer speziellen Tätigkeit bei der BA nur schlechte Chancen auf eine vergleichbare Beschäftigung auf dem freien Arbeitsmarkt habe. Zudem stehe ihr Verhalten "in einem etwas milderen Licht", da sie selbst nach einer Vorerkrankung meinte, "einer Urlaubsreise in den Süden" zu bedürfen.


Wenn Sie also demnächst das Bedürfnis nach "einer Urlaubsreise in den Süden" haben, so sollten Sie vielleicht einmal über die Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit, Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die Beanstandungsfreiheit Ihres Beschäftigungsverhältnisses nachdenken ...


Schlußendlich hat das LAG Berlin-Brandenburg allerdings darauf hingewiesen, dass in vergleichbaren Fällen eine ordentliche Kündigung in Betracht kommt. (Immerhin !)

Mittwoch, 16. März 2011

Tarifliche Altersgrenzen von 65 Jahren sind wirksam !

Wie das Landesarbeitsgericht Hamburg jetzt entschieden hat (Urteil vom 22.02.2011, Az. 4 Sa 767/10), sind tarifliche Regelungen, wonach das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des 65. Lebensjahres endet, wirksam.


Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war Mitarbeiter der Hamburger Hochbahn AG, deren Manteltarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar war und der unter anderem eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des 65. Lebensjahres vorsah. 
Der Betroffene machte nunmehr geltend, diese tarifliche Altersgrenze verstoße gegen § 10 AGG und verlangte von der Beklagten die Beschäftigung über das 65. Lebensjahr hinaus.


Das Arbeitsgericht hat der Klage zunächst stattgegeben. Das LAG hat die Entscheidung jedoch aufgehoben und die Klage abgewiesen.


Die Altersgrenze stelle eine Befristung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze dar, die nach der Rechtsprechung des BAG gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr 6 TzBfG durch einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund gerechtfertigt sei.


Es liege auch keine unzulässige Ungleichbehandlung wegen des Alters im Sinne des § 10 AGG vor, den § 10 Abs. 3 Nr. 5 AGG sei eine europarechtskonforme Grundlage für tarifliche Altersgrenzen. Auf diese Weise werde dem legitimen arbeitsmarktpolitischen Ziel Rechnung getragen, die Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen zu fördern und die Arbeitslosigkeit zu reduzieren.

Sonntag, 6. Februar 2011

Mit Pauken und Trompeten - aber ohne Hornisten

Mit einem ungewöhnlichen Fall hatte sich jetzt das Bundesarbeitsgericht zu befassen.


Alle Hornisten eines Landestheaters in Thüringen hatten Kündigungen ihrer Arbeitsverhältnisse erhalten, nachdem dessen Trägerin angekündigt hatte, die bislang gewährten Zuwendungen erheblich zu reduzieren. Das Orchester (in diesem Fall die Beklagte) fuhr daraufhin die Besetzung auf ein Rumpforchester zurück, das nach Bedarf ergänzt werden sollte.


Ein Hornist machte klageweise geltend, die Kündigung sei unwirksam, da die Besetzung eines Kammerorchesters ohne Horn unsinnig und willkürlich sei. Für zahlreiche Werke sei das Horn zwingend erforderlich.


Seine Klage hatte jedoch in allen Instanzen keinen Erfolg.


Wie das BAG nunmehr entschieden hat (Urteil vom 27.01.2011, Az. 2 AZR 9/10), können betriebsbedingte Kündigungen im künstlerischen Bereich nicht auf Zweckmäßigkeit überprüft werden. Die Verkleinerung des Orchesters sei vorliegend aufgrund von nachvollziehbaren wirtschaftlichen Erwägungen erfolgt. Sie sei nicht rechtsmissbräuchlich gewesen und hätte auch nicht darauf abgezielt, einzelne unliebsame Musiker aus dem Orchester zu drängen.

Mittwoch, 2. Februar 2011

An, aus, an, aus, an, aus ?

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor:
Ihr fürsorglicher Arbeitgeber installiert eine Videokamera, die genau auf Ihren Schreibtisch gerichtet ist. Eine aus den unterschiedlichsten Gründen wenig angenehme Vorstellung. 


Dies sah auch die Mitarbeiterin eines bundesweit tätigen Unternehmens so und klagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte. Das Arbeitsgericht hatte ihr daraufhin eine Entschädigung in Höhe von 15.000 Euro zugesprochen.
In der vom Arbeitgeber eingelegten Berufung blieben hiervon immerhin noch 7.000 Euro übrig.
Weder das Arbeitsgericht noch das Landesarbeitsgericht folgten der Argumentation des Arbeitgebers, er habe die Arbeitnehmerin lediglich vor Übergriffen schützen wollen. Beide Instanzen sahen hierfür ebenso andere Möglichkeiten als gegeben an. Auch die Begründung, die Kamera sei nicht ständig in Betrieb gewesen, überzeugte beide Gerichte nicht. Allein die Unsicherheit darüber, ob und wann die Kamera in Betrieb gewesen sei, habe die Arbeitnehmerin einem derartigen Überwachungsdruck ausgesetzt, dass sie schwerwiegend und hartnäckig in ihrem informationellen Selbstbestimmungsrecht verletzt worden sei. Durch den jetzt zugesprochenen Schadensersatz würde nunmehr der Genugtuung der Arbeitnehmerin genüge getan.


(Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 25.10.2010, Az. 7 Sa 1586/09, erschienen am 26.01.2011)

Mittwoch, 19. Januar 2011

Ein falscher Griff in den Kleiderschrank ...

Sie möchten die Farbe Ihres BHs oder Ihrer Haare selbst bestimmen ? 
So einfach geht bzw. ging das nicht ! Jedenfalls dann nicht, wenn man Mitarbeiter eines Unternehmens ist, das im Auftrag der Bundespolizei Fluggastkontrollen durchführt. Dieses hatte unter anderem folgende Anweisungen für die weiblichen Mitarbeiter herausgegeben:"

  • Das Tragen von BHs, Bustiers, bzw. eines Unterhemdes ist vorgeschrieben.
  • Diese Unterwäsche ist in weiß oder in Hautfarbe ohne Muster/Beschriftungen/Embleme, etc. zu tragen bzw. anders farbige Unterwäsche darf in keiner Form durchscheinen.
  • Feinstrumpfhosen sowie Socken dürfen keinerlei Muster, Nähte oder Laufmaschen aufweisen.
  • Fingernägel dürfen in max. Länge von 0,5 Zentimetern über der Fingerkuppe getragen werden.
  • Fingernägel dürfen nur einfarbig lackiert sein."



Männer hatten unter anderem folgendes zu beachten:"
  • Eine gründliche Komplettgesichtsrasur bei Dienstantritt ist Voraussetzung; alternativ ist ein gepflegter Bart gestattet.
  • Bei Haarfärbungen sind lediglich natürlich wirkende Haarfarben gestattet.
  • Das Tragen von künstlichen Haaren oder Einflechtungen ist grds. nicht gestattet, wenn es die Natürlichkeit der Haarpracht beeinträchtigt."
Der Betriebsrat machte daraufhin jedoch unter anderem die Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer geltend und hatte damit teilweise Erfolg.

Das LAG Köln sah das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer allerdings lediglich in einigen Punkten dahingehend unzulässig eingeschränkt, sich nach ihren persönlichen Wünschen und Bedürfnissen zu kleiden.Ein solcher Eingriff sei aber immer dann gerechtfertigt, wenn es einem legitimen Arbeitgeber-Anliegen diene sowie geeignet, erforderlich und angemessen sei.

Hinsichtlich des Tragens sowie der Gestaltung der Unterwäsche sah das LAG keine ungerechtfertigten Einschränkungen, da dies der Erhaltung der darüber befindlichen und im Eigentum des Arbeitgeber stehenden Dienstkleidung diene. Die vorgeschriebene Farbgestaltung stelle ebenfalls keine wesentliche Beeinträchtigung der Arbeitnehmer dar.

Gleiches soll gelten für die Länge der Fingernägel, die Verletzungen Dritter vermeiden helfen soll. Allerdings ist die Arbeitnehmerin hier in der Farbgestaltung frei, so dass die entsprechende Regelung unwirksam war.

Ebenso sind die Herren in der Wahl der Haarfarbe frei. Da alle Menschen von Natur aus unterschiedliche Haarfarben haben, besteht kein einheitliches Erscheinungsbild, was durch eine entsprechende Regelung geschützt werden könnte. Die körperliche Integrität sei so ungerechtfertigt beeinträchtigt.

Bei Interesse empfehlen wir für weitere Einzelheiten die Lektüre des Urteils des LAG Köln vom 18.8.2010, Az. 3 TaBV 15/10.

Freitag, 7. Januar 2011

Haben Sie eine Kundenkarte ?

Von der Apotheke bis zum Zeitungsladen, vom Bäcker bis zur Tankstelle - die Möglichkeiten, sich sensationelle (!) Vorteile durch Ansammeln von Punkten, Sternen, Herzen etc. zu verschaffen, sind mittlerweile fast grenzenlos.
Das dachte sich wohl auch der Angestellte einer Tankstelle, der Bonus-Punkte von Kunden, die diese selbst nicht nutzen wollten, auf die Treue-Karte eines Kollegen umbuchte. Als der Arbeitgeber hiervon erfuhrt, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß. 
Die hiergegen gerichtete Klage des Arbeitnehmers hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Hessischen LAG Erfolg (dortiges Az. 2 Sa 422/10, Urteil vom 04.08.2010).
Die Kündigung wurde als rechtswidrig erachtet, da im vorliegenden Fall zunächst eine Abmahnung erforderlich gewesen sei. Zwar hätte es sich bei der (nach den AGB des Bonusprogramms zulässigen) Umbuchung um eine schwerwiegende Pflichtverletzung gehandelt, da der Arbeitgeber über das Programm eine größere Kundenbindung erreichen und nur hierfür die für ihn daraus entstehenden finanziellen Aufwendungen in Kauf nehmen wollte. Der Arbeitgeber konnte vorliegend jedoch nicht beweisen, dass er seinen Angestellten hierauf hingewiesen hatte. Das Gericht kam daraufhin zu dem Schluss, dass es für den Arbeitnehmer ohne einen solchen eindeutigen Hinweis nicht ersichtlich war, dass die (grundsätzlich zulässige) Umbuchung sogleich zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen würde.