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Donnerstag, 21. Juni 2018

Kirchliche Arbeitgeber: Arbeitsverträge ohne bzw. mit eingeschränkter Bezugnahme auf kirchliche Arbeitsvertragsregelungen

Kirchliche Arbeitgeber können innerhalb den durch das staatliche Arbeitsrecht gesetzten Grenzen wirksam Arbeitsverträge abschließen, die keine oder nur eingeschränkte Bezugnahme auf kirchliche Arbeitsvertragsregelungen vorsehen.
Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 24.05.2018, Az. 6 AZR 308/17).

Die Klägerin war als Alltagsbegleiterin bei der Beklagten, einer gemeinnützigen GmbH und Mitglied im Diakonischen Werk evangelischer Kirchen in Niedersachsen e. V. tätig. 
Dessen Satzung verpflichtete die Beklagte ebenso wie kirchlichengesetzliche Regelungen zum Abschluss von Arbeitsverträgen, die entweder die vom Diakonischen Dienstgeberverband Niedersachsen e. V. (DNN) geschlossenen einschlägigen Tarifverträge oder die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD) in der jeweils geltenden Fassung zur Anwendung bringen. 
Die Bezahlung der Klägerin erfolgte nach Entgelt-Gruppe 3 AVR-DD, die Beklagte vereinbarte jedoch hinsichtlich der Entgelt-Steigerungen und der in der AVR-DD vorgesehenen Jahressonderzahlung eine Vergütungshöhe, die unterhalb des Niveaus der AVR-DD blieb.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin die sich aus der Abweichung ergebenden Differenzbeträge geltend.

Die Klage hatte über alle drei Instanzen keinen Erfolg.

Das BAG hat ausgeführt, dass die kirchengesetzlichen Regelungen den kirchlichen Arbeitnehmer nur im kirchlichen Rechtskreis. Bei Nichtbeachtung müsse er kirchenrechtliche Konsequenzen befürchten.
Diese Missachtung berühre aber nicht die Wirksamkeit einer anderslautenden vertraglichen Vereinbarung.
Die einschlägigen Satzungsbestimmungen des Diakonischen Werks evangelischer Kirchen in Niedersachsen e. V. entfalten keine drittschützende Wirkung, die die Klägerin für sich in Anspruch nehmen könne. 
Auch die Heranziehung der Grundsätze von Treu und Glauben sei nicht möglich.


Die Autorin ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht in Steinfurt.

Dienstag, 5. Juni 2018

Lehrerinnen mit Kopftuch - keine Entschädigung

Vor dem Arbeitsgericht Berlin sind zwei Klagen von Lehrerinnen erfolglos geblieben, die sich auf eine Entschädigung nach dem AGG richteten (Urteile vom 24.05.2018, Az. 58 Ca 7193/17, 58 Ca 8368/17).

Eine Klägerin hatte geltend gemacht, vom beklagten Land nicht eingestellt worden zu sein, weil sie ein muslimisches Kopftuch trage. Dies sei eine nicht erlaubte Benachteiligung wegen ihrer Religion.
Hiergegen hatte das beklagte Land sich auf das Berliner Neutralitätsgesetz berufen, nach dem religiöse oder weltanschauliche Symbole in öffentlichen Schulen (mit Ausnahme von beruflichen Schulen) von Lehrkräften nicht tragen werden dürfen.

Die Heranziehung des Neutralitätsgesetzes durch die Beklagte erfolgte nach Auffassung des Arbeitsgerichts zu Recht.
Der Berliner Gesetzgeber habe den ihm eingeräumten Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum nicht überschritten, indem er die zulässige Entscheidung darüber getroffen habe, wie die Glaubensfreiheit der Lehrkräfte gegen die negative Religionsfreiheit der Schulkinder, das Erziehungsrecht der Eltern und den staatlichen Erziehungsauftrag, dem in neutraler Weise nachzukommen sei, gegeneinander abzuwägen seien.
Im Hinblick auf die Vielfalt religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen in der Berliner Bevölkerung sei die staatliche Neutralität der öffentlichen Schulen von besonderer Bedeutung. Außerdem dürfe Berücksichtigung finden, dass den Lehrkräften, besonders auch bei jüngeren Schülerinnen und Schülern, eine besondere Vorbildfunktion zukommen, die für das geforderte neutrale Auftreten spreche.
Bei dieser Sachlage sei die Einschränkung der Religionsfreiheit der Klägerin hinzunehmen, zumal sie ihren Beruf an einer beruflichen Schule ausüben könne.

Die zweite Klage wurde wegen nicht fristgerechter Geltendmachung abgewiesen.



Ihre Rechtsanwälte für Sozialrecht - Kanzlei Störmer & Hiesserich