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Mittwoch, 18. April 2018

Verdachtskündigung - angemessene Zeitspanne für Anhörung


Vor einer beabsichtigten Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber eine angemessene Frist zur Anhörung setzen. Ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, regelmäßig anwaltlich vertreten und wird die Anhörung dem Bevollmächtigten nicht zugeleitet, so ist eine Frist von weniger als zwei Arbeitstagen in jeder Hinsicht zu kurz und die nach Fristablauf erfolgte Kündigung als Verdachtskündigung unwirksam.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschieden (21.03.2018, Az. 3 Sa 398/17).

Die Parteien hatten sich zuvor bereits mehrfach über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtlich auseinander gesetzt. 
Im jetzigen Verfahren ging es um eine Versetzung, eine Änderungskündigung und eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 12.08.2016, begründet mit dem Verdacht von Straftaten.
Mit Schreiben vom 04.08.2016 (Donnerstag), dem Kläger frühestens am Abend desselben Tages zugegangen, gab die beklagte Arbeitgeberin dem Kläger Frist zur Stellungnahme bis zum 08.08.2016, 13:00 Uhr (Montag). Nach Fristablauf sprach die Beklagte die außerordentliche Verdachtskündigung aus.

Das LAG hat die seitens der Arbeitgeberin gesetzte Frist von nicht einmal zwei Arbeitstagen in jeder Hinsicht als zu kurz erachtet, insbesondere, da die Beklagte das Anhörungsschreiben nicht zugleich dem Bevollmächtigten des Klägers zuleitete und der Kläger arbeitsunfähig erkrankt war. Sie musste daher damit rechnen, dass dieser sich gerade nicht durchgängig zuhause aufhielt.

Die ausgesprochene Kündigung war als Verdachtskündigung unwirksam.
Das LAG hat die Revision nicht zugelassen.




Mittwoch, 11. April 2018

Betriebsratsmitglieder - Begünstigung durch Aufhebungsvertrag

Nach § 78 S. 2 BetrVG liegt keine unzulässige Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds vor, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, das Arbeitsverhältnis mit diesem unter Berufung auf verhaltensbedingte Gründe außerordentlich zu kündigen und beide sodann nach Einleitung eines Verfahrens zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats  zu der Kündigung und nach zuvor erfolgten Verhandlungen eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung und ggf. andere Zuwendungen schließen.

Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden (Urteil des 7. Senats vom 21.03.2018, Az. 7 AZR 590/16).

Der dortige Kläger war seit 1983 bei der Beklagten beschäftigt und Vorsitzender des Betriebsrats. Anfang Juli 2013 hatte die Beklagte beim Arbeitsgericht unter Berufung auf streitige verhaltensbedingte Gründe ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers eingeleitet. Ende des Monats schlossen die Parteien außergerichtlich einen Aufhebungsvertrag, nach dem unter anderem das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2015 enden und eine noch im Laufe des Arbeitsverhältnisses zu zahlende Abfindung von 120.000,- € gezahlt werden sollte.
Nach Rücktritt von seinem Betriebsratsamt und erfolgter Zahlung der Abfindung machte der Kläger den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2015 hinaus geltend. Er berief sich darauf, der Aufhebungsvertrag sei nichtig, da er durch diesen als Betriebsratsmitglied in unzulässiger Weise begünstigt worden sei.

Die Klage blieb in sämtlichen Instanzen ohne Erfolg.
Zwar dürfen Betriebsratsmitglieder nach § 78 S. 2 BetrVG wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder begünstigt noch benachteiligt werden, Vereinbarungen, die hiergegen verstoßen, sind nach § 134 BGB nichtig.
Der obige Vergleichsabschluss wurde hiervon jedoch nicht erfasst. Soweit die Verhandlungsposition des Klägers günstiger war als sie für einen Arbeitnehmer ohne Betriebsratsamt gewesen wäre, so folgt dies vielmehr aus dem in § 15 KSchG und § 103 BetrVG geregelten Sonderkündigungsschutz.


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