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Donnerstag, 5. Juli 2012

Geltendmachung von Urlaubsabgeltung

Bislang mussten im Falle, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist,  Urlaubsabgeltungsansprüche grundsätzlich im laufenden Urlaubsjahr geltend gemacht werden. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr aufgegeben (BAG 19.06.2012, Az. 9 AZR 652/10). Das Fristenregime des BUrlG findet auf derartige Ansprüche keine Anwendung mehr, da es sich um einen reinen Geldanspruch unabhängig von der Arbeitsfähigkeit oder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers handelt. Es gebe keine sachlichen Gründe dafür, warum für einen arbeitsfähigen Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses andere Regeln für den Verfall seines Urlaubsageltungsanspruches gelten sollten als für einen arbeitsunfähigen Arbeitnehmer.
Damit hat das Bundesarbeitsgericht die Surrogatstheorie, wonach der Urlaubsabgeltungsanspruch als Ersatz (Surrogat) für den Urlaubsanspruch entsprechend § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG grds. im laufenden Urlaubsjahr geltend gemacht werden musste, insgesamt aufgegeben.


Rechtsanwältin Hiesserich ist neben ihrer sonstigen Tätigkeit als Rechtsanwältin insbesondere auf dem Gebiet des Arbeitsrechts tätig.

Mittwoch, 4. Juli 2012

Dienstwagen - Rückgabeverpflichtung bei Freistellung

Zwar können sich Arbeitgeber wirksam im Hinblick auf die AGB-Kontrolle vorbehalten, das Recht des Arbeitnehmers zur privaten Dienstwagen-Nutzung im Falle der Kündigung und Freistellung zu widerrufen. Die Ausübung dieses Widerrufsrechts muss aber i. S. d. § 315 BGB billigem Ermessen entsprechen. Dies ist regelmäßig dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen sofort zurückgeben soll.
Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin für die Zeit zwischen Rückgabe und ordnungsgemäßem Ende ihres Arbeitsvertrages eine Nutzungsausfallentschädigung verlangt. Hiermit hatte sie sowohl vor dem LAG als auch dem BAG (21.3.2012, Az. 5 AZR 651/10) Erfolg. 
Die Klägerin hatte kein anderes Fahrzeug und war insofern darauf angewiesen. Zudem war sie gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG verpflichtet, die private Nutzung für den gesamten Monat zu versteuern, obwohl sie über das Fahrzeug für einen Teil-Monat nicht mehr verfügen konnte. Vor diesem Hintergrund überwog das Interesse der Klägerin, das Fahrzeug noch bis zum ordnungsgemäßen Ende ihres Arbeitsverhältnisses zu nutzen.

Der Volltext der Entscheidung findet sich hier.

Dienstag, 3. Juli 2012

Telefoninterviewer = Arbeitnehmer

Wie das Finanzgericht Köln nunmehr entschieden hat (14.03.2012, Az. 2 K 476/06), sind Telefoninterviewer, die für ein Meinungsforschungsinstitut tätig werden, steuerrechtlich nicht als Selbständige, sondern als Arbeitnehmer einzuordnen. Damit hat es eine andere Einordnung vorgenommen als verschiedene Arbeits- und Sozialgerichte, die die Tätigkeit in der Vergangenheit häufig als selbstständig beurteilt hatten.
Entsprechende Institute müssen daher als Arbeitgeber Lohnsteuer einbehalten und abführen. Ansonsten können sie für die Lohnsteuer in Haftung genommen werden.
Im entschiedenen Fall hatte das Finanzamt das klagende Institut für Lohnsteuer in Höhe von über einer halben Million Euro in Haftung genommen. Diese Summe hatte das Finanzgericht allerdings trotz grundsätzlicher Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft der Interviewer auf rund ein Fünftel reduziert.


Viola Hiesserich ist in Steinfurt als Rechtsanwältin tätig.