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Donnerstag, 22. Dezember 2016

Alles Gute für 2017 !

Allen, die diesen Blog in 2016 gelesen und mit Anregungen unterstützt haben, sei an dieser Stelle gedankt. Frohe Weihnachten und für 2017 alles Gute und die besten Wünsche !

Ihre Rechtsanwältin Viola Hiesserich

Mittwoch, 9. November 2016

Personalgespräch während Arbeitsunfähigkeit


Ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, während der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit auf Anweisung seines Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, um dort an einem Personalgespräch teilzunehmen.
Das hat das Bundesarbeitsgericht jetzt entschieden (Urteil des 10. Senats vom 02.11.2016, Az. 10 AZR 596/15).

Der dortige Kläger hatte unter Hinweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit zwei Personalgespräche während seiner Arbeitsunfähigkeit abgesagt, woraufhin ihn die beklagte Arbeitgeberin abgemahnt hatte.

Die Vorinstanzen hatten der Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte stattgegeben.
Auch die Revision der Beklagten vor dem BAG hatte keinen Erfolg.

Das BAG hat darauf hingewiesen, dass die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers aus § 106 S. 1 GewO auch die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb angewiesenen Gespräch, dessen Gegenstand Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleitung ist, umfasst.
Da erkrankte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber während der Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht verpflichtet sind, im Betrieb zu erscheinen, gelte dies auch für derartige mit der Hauptleistung unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten wie Personalgespräche.
Zwar sei es dem Arbeitgeber während der Arbeitsunfähigkeit nicht schlechthin untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in zeitlich angemessenem Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Allerdings müsse der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse aufzeigen und der arbeitsunfähige Arbeitnehmer sei nicht verpflichtet, hierzu auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen. Eine Ausnahme gelte nur, wenn dies aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer gesundheitlich dazu in der Lage sei.



Montag, 31. Oktober 2016

Mindestlohn-Anpassung

Ab dem 01.01.2017 wird der Mindestlohn auf 8,84 € brutto je Zeitstunde angehoben.

Grundlage ist der Beschluss der Mindestlohnkommission vom 28.06.2016, die hierzu mit dem Mindestlohn-Gesetz den Auftrag erhalten hatte und hinsichtlich dessen die Bundesregierung nun beschlossen hat, die vorgeschlagene Anpassung für alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich zu machen.

Ein entsprechender Vorschlag an die Bundesregierung wird nun alle zwei Jahre erfolgen.
Dabei prüft die Mindestlohnkommission, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen und Beschäftigung nicht zu gefährden. Dabei orientiert sie sich nachlaufend an der Tarifentwicklung. Die Bundesregierung kann von der vorgeschlagenen Höhe des Mindestlohns nicht abweichen.

Weitere Informationen zu Arbeit und zu den Mitgliedern der Mindestlohnkommission enthält die Internetseite www.mindestlohn-kommission.de


Die Autorin ist im Arbeitsrecht und im Sozialrecht für Sie tätig.

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Tarifliche Regelungen zu sachgrundlosen Befristungen

Tarifliche Regelungen, die die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren bei fünfmaliger Verängerungsmöglichkeit zulässt, sind wirksam.
Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil des 7. Senats vom 26.10.2016, Az. 7 AZR 140/15).

Streitgegenständlich war der zwischen der Arbeitgebervereinigung Energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V. (AEV) und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Dort ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, bis zu dieser Gesamtdauer ist die höchstens fünfmalige Veränderung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig.

Der Kläger hatte wie auch schon in der Vorinstanzen beim BAG keinen Erfolg.

Das BAG hat darauf hingewiesen, dass nach § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG durch Tarifvertrag die Anzahl der Verlängerungen und die Höchstdauer der Befristung abweichend von § 14 ABs. 2 S. 1 TzBfG festgelegt werden können. Diese Befugnis der Tarifparteien gelte aus verfassungs- und unionsrechtlichen Gründen nicht schrankenlos. Der durch § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG eröffnete Gestaltungsrahmen der Tarifvertragsparteien ermögliche nur Regelungen, durch die die in § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG genannten Werte (Befristung ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren; bis zu dieser Gesamtdauer höchstens dreimalige Verlängerung) nicht mehr als das Dreifache überschritten werden dürfen.

Das war vorliegend allerdings nicht der Fall.


Rechtsanwältin Hiesserich ist zugleich Fachanwältin für Sozialrecht.

Freitag, 26. August 2016

BMAS - Tag der offenen Tür

Am 27. und 28. August lädt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales alle Interessierten ein, sich einen Eindruck von der dortigen Arbeit zu verschaffen und mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen.

Neben einer Ausstellung zur Sozialgeschichte werden Aktivitäten und Informationen zum Thema Inklusion angeboten, im Sommergarten wird es Musik, Informationen, Speisen und Getränke geben und das Kinderprogramm beinhaltet Bastelspaß, Vorlesen und eine Zaubershow.

Weiteres kann man dem Programmheft des BMAS entnehmen.


Ihre Fachkanzlei für Sozialrecht - Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich in Steinfurt.

Donnerstag, 25. August 2016

Betriebliche Altersversorgung - Einzelvertragliche Zusage ./. kollektives Versorgungssystem

Arbeitnehmer, denen bereits einzelvertraglich eine betriebliche Altersversorgung zugesagt wurde, dürfen nur dann vollständig von einem auf einer Betriebsvereinbarung basierenden kollektiven Versorgungssystem des Arbeitgebers ausgenommen werden, wenn die Betriebsparteien im Rahmen des ihnen zustehenden Beurteilungsspielraums davon ausgehen können, dass diese Arbeitnehmer im Versorgungsfall typischerweise eine zumindest annähernd gleichwertige Versorgung erhalten.

Das hat das Bundesarbeitsgericht, 3. Senat, mit Urteil vom 19.07.2016 entschieden (Az. 3 AZR 134/15).

Im zugrunde liegenden Fall waren dem Kläger 1987 einzelvertraglich Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung über eine Pensionskasse zugesagt worden. Im weiteren Verlauf trat bei der Beklagten eine Betriebsvereinbarung in Kraft, mit der allen ab einem bestimmten Stichtag eingestellten Arbeitnehmern, so auch dem Kläger, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Wege einer Direktzusage versprochen wurden. Die Betriebsvereinbarung wurde in der Folgezeit wiederholt abgelöst, zuletzt im Jahr 2007. Die zuletzt gültige Betriebsvereinbarung sieht vor, dass Arbeitnehmer, die eine einzelvertragliche Zusage erhalten haben, nicht in den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallen. Das LAG hatte angenommen, dem Kläger stehe eine Altersrente nach der Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2007 zu, da diese Regelung unwirksam sei.
Nach Einschätzung des BAG stehe aber noch nicht fest, ob die Regelung tatsächlich unwirksam sei, weil sie zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern mit einzelvertraglicher Zusage führe. Es sei daher zu klären, ob die von der Beklagten erteilten einzelvertraglichen Zusagen annähernd gleichwertig sind.
Das BAG hat deshalb den Rechtsstreit zur Klärung an das LAG zurück verwiesen.


Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich - Ihre Ansprechpartner für alle Fragen des Arbeits- und Sozialrechts.

Dienstag, 16. August 2016

Ferienjobs - steuer- und sozialversicherungsrechtliche Folgen

Der Steuerberater-Verband Köln e. V. hat in einer Pressemitteilung auf die steuerrechtlichen Folgen von Schüler-Ferienjobs hingewiesen.

Demnach arbeiten minderjährige Ferienjobberinnen und Ferienjobber steuerlich betrachtet häufig in Form von Minijobs. Damit können sie maximal 450,- € im Monat dazu verdienen. Der jeweilige Arbeitgeber muss Sozialversicherungsabgaben, (Pausch-)Steuer und Umlagen an die Minijob-Zentrale bei der Bundesknappschaft abführen.

Für Ferienjobs in Form kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse gelten andere Vorgaben. Hier gibt es keine Verdienstobergrenzen. Auch Sozialversicherungsabgaben müssen grds. nicht gezahlt werden. Allerdings unterliegt der Arbeitslohn der Lohnbesteuerung. 
Voraussetzung für ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis ist, dass der Ferienjob bei einer Arbeitswoche von mindestens fünf Tagen höchstens drei Monate ausgeübt wird. Bei einer Arbeitswoche von unter fünf Tagen dürfen insgesamt 70 Arbeitstage nicht überschritten werden. Für Schüler, die vollzeitschulpflichtig sind, ist die Ausübung eines Ferienjobs auf 20 mögliche Arbeitstage pro Jahr beschränkt. Diese können beliebig auf verschiedene Ferien im Jahr aufgeteilt werden.

Im Regelfall sind Schüler über einen Elternteil in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert. Aber Achtung: Bei einem regelmäßigen Gesamteinkommen von mehr als 415,- € fallen sie aus der Familienversicherung heraus. Sowohl bei Ausübung eines Minijobs als auch bei einem kurzfristigen Beschäftigungsverhältnis ist daher die Familienversicherung grds. nicht gefährdet. Gleiches gilt für die Auswirkungen auf das Kindergeld.

Quelle: Pressemitteilung des Steuerberater-Verbandes e. V. Köln vom 19.07.2016



Die Autorin berät und vertritt schwerpunktmäßig Mandantinnen und Mandaten im Arbeitsrecht und im Sozialrecht.

Mittwoch, 27. Juli 2016

Aller schlechten Dinge sind drei - oder: 2 Fast 2 Furious

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Kündigungsschutzklage eine Autohausverkäufers abgewiesen, der sich in alkoholisiertem Zustand ohne gültige Fahrerlaubnis auf einem in Deutschland nicht zugelassenen Renn-Quad mit einem auf ihn zugelassenen Lamborghini, der zu diesem Zeitpunkt von einer anderen Person gesteuert worden sei, in der Düsseldorfer Innenstadt ein Rennen geliefert hat. Hierbei verstieß er mehrfach gegen die Straßenverkehrsordnung, unter anderem mißachtete er mit weit überhöhter Geschwindigkeit mehrere rote Ampeln.

Bereits 2014 hatte der Kläger mit einem Fahrzeug der Schwesterngesellschaft seiner Arbeitgeberin unter Alkoholeinfluss einen Unfall mit Totalschaden verursacht, woraufhin ihm der Führerschein entzogen wurde. Hierfür war er seinerzeit abgemahnt worden.

Im hiesigen Verfahren hatte sich er Kläger dahingehend eingelassen, dass ein unbefugter Dritter den Lamborghini habe entwenden wollen und er daraufhin im Schockzustand die Entscheidung getroffen habe, das Quad zur Verfolgung des Diebs zu nutzen.

Das Arbeitsgericht hat keinen Zweifel daran gelassen, dass der Arbeitgeberin die Weiterbeschäftigung des Klägers nach Abwägung aller Umstände nicht mehr zumutbar war. Selbst wenn die Einlassung des Klägers zutreffen sollte, dass ein unbefugter Dritter seinen Lamborghini habe entwenden wollen, rechtfertige dies nicht eine Verfolgungsjagd in alkoholisiertem Zustand unter mehrfachem Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung.
Auch, dass es sich bei dem Kündigungssachverhalt um ein außerdienstliches Verhalten des Klägers gehandelt habe, stehe dem nicht entgegen. Er habe durch sein Verhalten das Vertrauen seiner Arbeitgeberin in seine Eignung als Autoverkäufer schwer erschüttert und das Ansehen des Hauses gefährdet. Schließlich sei das vorangegangene Verhalten in 2014 noch zu seinen Lasten zu werten gewesen.


Wir sind auch im Verkehrsrecht für Sie da - Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich.

Dienstag, 19. Juli 2016

Einsicht in Personalakten

Arbeitnehmer haben grds. keinen Anspruch darauf, bei der Einsicht in die über sie geführten Personalakten einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.

Das hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt (Urteil des 9. Senats vom 12.07.2016, Az. 9 AZR 791/14).

Demnach ist das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers in seine Personalakten in § 83 BetrVG ausschließlich und abschließend geregelt. Hiernach hat ein Arbeitnehmer das Recht, zur Einsichtnahme ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen, § 83 Abs. 1 S. 1, 2 BetrVG. Nach dieser Regelung bestehe kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Hinzuziehung eines Rechtsanwalt bei der Einsichtnahme. Ein solcher Anspruch folge jedenfalls dann weder aus der Rücksichtspflicht des Arbeitnehmers (§ 241 Abs. 2 BGB) noch aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. v. m. Art. 1 Abs. 1 GG), wenn der Arbeitgeber wie im zugrunde liegenden Fall dem Arbeitnehmer erlaube, für sich Kopien von den Schriftstücken in seinen Personalakten zu fertigen. In diesem Fall sei dem Transparentschutz, der einem Beseitigungs- oder Korrekturanspruch vorgelagert sei, Genüge getan.


Rechtsanwältin Hiesserich ist in der Kanzlei Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich für das Arbeitsrecht und das Sozialrecht zuständig.

Mittwoch, 13. Juli 2016

Arbeitsverhältnis bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung

Wenn der Arbeitgeber eine Arbeitnehmerüberlassungerlaubnis besitzt, wird nicht als Rechtsfolge einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis begründet.

Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil des 9. Senats vom 12.07.2016, Az. 9 AZR 352/15).

Besitzt ein Arbeitgeber die nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zu überlassen, kommt zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher auch dann kein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers nicht als Arbeitnehmerüberlassung, sondern als Werkvertrag bezeichnet worden ist (verdeckte Arbeitnehmerüberlassung). § 10 Abs. 1 S. 1 APG fingiere i. V. m. § 9 Nr. 1 AÜG das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke, so das BAG. Der Gesetzgeber habe für eine solche nicht offene Arbeitnehmerüberlassung bewußt nich die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.


Die Autorin ist Fachanwältin für Sozialrecht und außerdem im Arbeitsrecht tätig.

Donnerstag, 30. Juni 2016

Arbeitsstättenverordnung: Notausgänge

Arbeitgeber haben die Arbeit ihrer Beschäftigten so zu gestalten, dass Gefährdungen für Leben und Gesundheit möglichst vermieden werden. Daher müssen sich nach der Arbeitsstättenverordnung Türen von Notausgängen nach außen öffnen lassen. Flüchtenden Beschäftigten muss es in Gefahrenfällen möglich sein, ohne Hilfe von außen durch die Türen ins Freie oder in einen gesicherten Bereich zu gelangen.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Bezirksregierung Münster einer Kindertagesstätte aufgegeben, die Fluchtwegsituation in einen verordnungskonformen Zustand zu versetzen.
Das Verwaltungsgericht hatte die aufschiebende Wirkung der gegen die Ordnungsverfügung erhobenen Klage allerdings wieder hergestellt, da die Anordnung mangels hinreichender Bestimmtheit offensichtlich rechtswidrig war. Weder aus der Tenorierung noch der Begründung der Ordnungsverfügung habe sich ergeben, auf welche konkrete Tür bzw. welche konkreten Türen sich die Forderung einer Änderung der Aufschlagrichtung nach außen hin beziehe. Aus der Rechtswidrigkeit der Anordnung folge aber, dass auch das Verbot der Beschäftigung der Erzieher offensichtlich rechtswidrig war.

In der Sache sei die Kita als Arbeitgeber allerdings verpflichtet, die sich aus der Arbeitsstättenverordung ergebende zwingende Pflicht, dass sich Türen von Notausgängen nach außen öffnen lassen müssen, zu erfüllen. Diese Pflicht war bislang nicht erfüllt, da sowohl die Tür ins allgemeine Treppenhaus als auch die Türen zur Straße, die nach der Baugenehmigung jeweils als Rettungsweg festgesetzt waren, nach innen öffneten.


Ihre Fachkanzlei für Sozialrecht - Rechtsanwälte Störmer und Hiesserich.

In eigener Sache

Am 30.06.2006 wurde die Sozietät "Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte" gegründet.
Wir freuen uns daher, heute unser 10-jähriges Kanzlei-Jubiläum feiern zu können. 
Es waren spannende Jahre nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht, in denen wir eine Vielzahl von interessanten Menschen kennengelernt haben.
Bei allen möchten wir uns für das uns entgegengebrachte Vertrauen bedanken, auch ungewöhnliche Wege mit uns zu gehen.
Wir freuen uns schon auf die nächsten 10 Jahre.

Ihre Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich.

Mittwoch, 29. Juni 2016

Gesetzlicher Mindestlohn für Bereitschaftszeiten

Die Erbringung von Bereitschaftszeiten ist grundsätzlich eine mit dem Mindestlohn zu vergütende Arbeitsleistung.
Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 29.06.2016, Az. 5 AZR 716/15).

Das BAG hat klargestellt, dass der gesetzliche Mindestlohn für jede geleistete Arbeitsstunde zu zahlen ist. Auch Bereitschaftszeiten, während der sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort - innerhalb oder außerhalb des Betriebes - bereithalten müsse, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen, gehöre zur vergütungspflichtigen Arbeit.

Im zugrunde liegenden Fall war die Revision des Klägers, der als Rettungssanitäter im Rahmen einer Vier-Tage-Woche in Zwölfstundenschichten durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich mit regelmäßigen Bereitschaftszeiten beschäftigt war, lediglich deshalb zurück gewiesen worden, weil der Anspruch des Klägers bereits erfüllt war und die gezahlte Monatsvergütung den gesetzlichen Mindestlohn nicht nur erreichte, sondern sogar überstieg. Die entsprechende arbeitsvertraglich einbezogene tarifliche Vergütungsregelung war nicht wegen des Inkrafttretens des Mindestlohngesetzes unwirksam geworden.


Viola Hiesserich ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte.

Donnerstag, 12. Mai 2016

Neuer Streitwertkatalog

Am 05.04.2016 ist auf der 78. Präsidenten-Konferenz der Landesarbeitsgerichte in Nürnberg die aktualisierte Fassung des Streitwert-Katalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit vorgestellt und zur Veröffentlichung freigegeben worden.

Er ist entsprechend seiner Vorbemerkung nicht verbindlich, seine Anwendung nicht verpflichtend. Vielmehr soll er Orientierungshilfe sein.

Die Aussagen des Katalogs sind rein verfahrensbezogen zu sehen.



Die Autorin ist Fachanwältin für Sozialrecht und ferner schwerpunktmäßig im Arbeitsrecht tätig.

Donnerstag, 21. April 2016

Betriebsrat - Internet- und Telefonzugang

Arbeitgeber sind grundsätzlich weder dazu verpflichtet, dem Betriebsrat unabhängig von ihrem Netzwerk einen Zugang zum Internet zur Verfügung zu stellen. Ebenso müssen sie für den Betriebsrat keinen von ihrer Telefonanlage unabhängigen Telefonanschluss einrichten.
Das hat das Bundesarbeitsgericht am 20.04.2016 entschieden (Az. 7 ABR 50/14).

Zwar haben Arbeitgeber nach § 40 Abs. 2 BetrVG dem Betriebsrat in erforderlichem Umfang u. a. Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Allein wegen der abstrakten Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung der technischen Kontrollmöglichkeiten sei aber kein separater Telefonanschluss bzw. Internetzugang erforderlich. Es genügt, wenn Arbeitgeber ihre Verpflichtung dadurch erfüllen, dass sie dem Betriebsrat im Rahmen des im Betrieb bestehenden Informations- und Kommunikationssystems einen Telefonanschluss zur Verfügung stellen und ihm einen Internetzugang und E-Mail-Verkehr über ein Netzwerk vermitteln, das für alle Arbeitsplätze des Unternehmens einheitlich genutzt wird.


Rechtsanwältin Hiesserich ist als Fachanwältin für Sozialrecht bundesweit für Sie tätig.

Mittwoch, 2. März 2016

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zwei neue Publikationen online zur Verfügung gestellt.

Die eine Veröffentlichung beschäftigt sich mit Personalentwicklung und Weiterbildung, dort insbesondere mit den Fragen, wie Betriebe unterschiedlicher Größen auf die Herausforderung reagieren, qualifiziertes Personal zu finden und zu binden und auf welche Strategien sie zurück greifen, um Beschäftige zu qualifizieren, weiterzubilden und zu entwickeln.

Die andere Veröffentlichung gibt Auskunft über die Digitalisierung am Arbeitsplatz.
Hier ermöglicht die Studie der zweiten Welle des "Linked Personell Panel" neue Einblicke in die Verbreitung der Digitalisierung und ihre Konsequenzen. Hier stellt sich die Fragen, wer von technologischen Fragen (besonders) betroffen ist und in welcher Weise sich die tägliche Arbeit hierdurch verändert, ob dies mit einer Vereinfachung der Tätigkeiten einhergeht oder auch mit einer Intensivierung der Anforderungen, welche Chancen diese Veränderungen bieten und wie sich Beschäftigte hierzu äußern. 
Der Monitor "Digitalisierung am Arbeitsplatz" fass die Kernergebnisse zusammen.


Ihre Kanzlei für Arbeits- und Sozialrecht: Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich in Steinfurt.

Mittwoch, 17. Februar 2016

Auswertung eines Browserverlaufs durch Arbeitgeber

Arbeitgeber sind berechtig, zur Feststellung eines Kündigungssachverhalts den Browserverlauf von Dienstrechnern auszuwerten, ohne dass hierfür die Zustimmung der Arbeitnehmer vorliegen muss.
Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 14.01.2016 entschieden (Az. 5 Sa 657/15).

Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Nutzung des Internets auf seinem Dienstrechner allenfalls in Ausnahmefällen während der Arbeitspausen gestattet. Nachdem Hinweise auf eine erhebliche private Nutzung vorlagen, wertete der Arbeitgeber den Browserverlauf des Dienstrechners ohne Zustimmung des Arbeitnehmers aus. Diese Auswertung ergab in einem Zeitraum von 30 Arbeitstagen eine Privatnutzung von ca. 5 Tagen. Der Arbeitgeber kündigte aufgrund dessen aus wichtigen Grund außerordentlich.

Das LArbG hat die Kündigung für wirksam erachtet.
Die unerlaubte Nutzung rechtfertige nach Abwägung der beiderseitigen Interessen eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
Hinsichtlich des Browserverlaufs liege kein Beweisverwertungsverbot zu Lasten des Arbeitgebers vor. Zwar seien personenbezogene Daten betroffen, in deren Kontrolle der Arbeitnehmer nicht eingewilligt habe. Allerdings sei eine Verwertung der Daten statthaft, da das Bundesdatenschutzgesetz eine Speicherung und Auswertung des Browserverlaufs zur Mißbrauchskontrolle auch ohne eine derartige Einwilligung erlaube. Der Arbeitgeber habe zudem im vorliegenden Fall keine Möglichkeit gehabt, mit anderen Mitteln den Umfang der unerlaubten Internetnutzung nachzuweisen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.


Ihre Ansprechpartner für Arbeitsrecht und Sozialrecht:
Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte in Steinfurt.

Montag, 8. Februar 2016

Dienstzeitenregelung Rosenmontag

Bei der Änderung einer auf langjähriger Übung beruhenden Dienstzeitenregelgung (hier: Rosenmontag) muss der Personalrat beteiligt werden.
Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden (29.01.2016, Az. 62 K 19.15 PVL).

Im vorliegenden Fall waren die Beschäftigten des Sekretariats des KMK (Kultusministerkonferenz) betroffen, die kraft Gesetzes als Bedienstete des Landes Berlin gelten. 
Mindestens seit 2002 gewährte der Dienststellenleiter dieses Sekretariats in Bonn alljährlich am Rosenmontag ganztägig Dienstbefreiung. Diese Praxis wurde erstmalig für das Jahr 2015 ohne Beteiligung des (in Berlin ansässigen) Personalrats geändert. Der Rosenmontag sollte jetzt regulärer Arbeitstag sein. Gleichzeitig sollte von der Möglichkeit des Freizeitausgleichs Gebrauch gemacht werden. Die Regelung sollte auch für 2016 gelten.

Dem durch den Personalrat des Sekretariats der KMK gestellten Antrag auf Feststellung der Verletzung von Mitbestimmungsrechten hat das VG Berlin stattgegeben.

Seiner Auffassung nach ist die Änderung der Praxis als mitbestimmungspflichtige Maßnahme zu werden, da sie die Aufstellung der Urlaubspläne berühre. Einer Urlaubsgewährung bedürfe es nämlich nur, wenn überhaupt Dienst zu leisten sei. Dies sei bei einer allgemeinen Dienstbefreiung aber nicht der Fall.
In der Bonner Außenstelle habe es eine langjährige Übung zum Karneval gegeben, hinsichtlich derer die Beschäftigten der Dienststelle Berlin zwar unterschiedlich behandelt würden. Allerdings sei dies sachlich gerechtfertigt. Der Karneval habe in Bonn und Berlin unterschiedliche Bedeutung. Während er in Bonn vielfach Freude verbreite, werde er in Berlin überwiegend als rheinische Besonderheit wahrgenommen und teilweise sogar mit Unverständnis betrachtet.

Gegen den Beschluss wurde Beschwerde zum OVG Berlin-Brandenburg eingelegt.


Die Autorin ist schwerpunktmäßig im Arbeitsrecht tätig.

Donnerstag, 4. Februar 2016

Schlägerei an Weiberfastnacht

Ein Arbeitnehmer kann fristlos gekündigt werden, wenn er auf einer betrieblichen Karnevalsfeier (hier Weiberfastnacht) einen Kollegen verletzt, auch wenn er mit dem örtlichen Brauchtum nicht vertraut ist.
Das hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 22.12.2015 entschieden (Az. 13 Sa 957/15).

Dem dortigen Kläger wurde gekündigt, nachdem er auf einer Betriebsfeier an Weiberfachtnacht 2015 einem Kollegen den Inhalt eines Bierglases ins Gesicht geschüttet und ihm das leere Bierglas mit der Vorderseite ins Gesicht gestoßen haben soll. Dabei sei das Bierglas zersplittert, der herbei gerufene Notarzt habe mehrere Glassplitter aus der Stirn des Kollegen entfernen müssen.
Der Kläger hatte sich darauf berufen, von dem verletzten Kollegen fortwährend beleidigt worden zu sein. Er habe ihn zunächst von sich weggestoßen und dann nach ihm getreten, ohne ihn zu berühren. Er habe befürchtet, von dem Kollegen angegriffen zu werden. Er behauptete, aufgrund einer krankheitsbedingten Angststörung so reagiert zu haben, weil er sich bedroht gefühlt habe. Er sei zum angeblichen Tatzeitpunkt schuldunfähig gewesen.

Das LArbG hat mit seiner Entscheidung das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
Wer seine Kollegen angreife, müsse mit einer fristlosen Kündigung auch dann rechnen, wenn die Auseinandersetzung auf einer Betriebsfeier stattfinde. Selbst vermeintliche Angstzustände rechtfertigten die streitgegenständlichen Taten nicht.



Ihre Kanzlei im Münsterland: Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte.

Mittwoch, 20. Januar 2016

Allgemeinverbindliche Mindestlöhne

Mittlerweile gelten in 18 Branchen Mindestlöhne, die von der Bundesregierung nach AEntG, AÜG oder TVG für allgemeinverbindlich erklärt wurden.
Zum 01.01.2016 sind die Mindestlöhne in vielen Branchen gestiegen, wobei die meisten dieser Branchenlöhne ohnehin über dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € brutto je Zeitstunde lagen.

Außerdem traten mit Beginn dieses Jahres neue Mindestlohnverordnungen für Dachdecker und für die Aus- und Weiterbildungsbranche in Kraft.

Im Überblick:

Die neue Mindestlohnverordnung für Dachdecker:

  • Persönlicher Anwendungsbereich: Der Mindestlohn gilt erstmals auch für Dachdecker, die in Betrieben anderer Baubranchen arbeiten, sofern dort kein anderer Tarifvertrag gilt.
  • Mindeststundenlohn zum 1.1.2016: 12,05 Euro.
  • Mindeststundenlohn zum 1.1.2017: 12,25 Euro.
  • Laufzeit: zwei Jahre.


Die neue Mindestlohnverordnung für die Aus- und Weiterbildungsbranche:

  • Mindeststundenlohn zum 1.1.2016: 14 Euro (West) und 13,50 Euro (Ost).
  • Mindeststundenlohn zum 1.1.2017: 14,60 Euro (bundesweit).
  • Jährlicher Urlaubsanspruch: mindestens 29 Tage bei einer Fünf-Tage-Woche.
  • Laufzeit: zwei Jahre.



Eine Übersicht über die aktuell geltenden Mindestlöhne (Stand 01.12.2015) hat die Bundesregierung auf ihrer Internetpräsenz zur Verfügung gestellt.


Rechtsanwältin Hiesserich ist Mitinhaberin der Kanzlei Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich in Steinfurt.

Donnerstag, 14. Januar 2016

Bezahlung von Raucherpausen

Nach Abschuss einer entgegenstehenden Betriebsvereinbarung dürfen Arbeitnehmer nicht mehr darauf vertrauen, dass für Raucherpausen Entgelt weitergezahlt wird, auch wenn dies vorher ohne Kenntnis der genauen Häufigkeit und Dauer der Pausen erfolgt ist.
Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Entscheidung des LAG Nürnberg (Urteil von 05.08.2015, Az. 2 Sa 132/15) hervor.

Im zugrunde liegenden Fall hatte es sich im betroffenen Betrieb eingebürgert, dass Mitarbeiter zum Rauchen ihren Arbeitsplatz verlassen durften, ohne am Zeiterfassungsgerät ein- und auszustempeln. Der Arbeitgeber nahm für diese Zeiten keine Lohnkürzung vor. Dann schlossen jedoch die Betriebsparteien eine Betriebsvereinbarung, in der festgelegt wurde, dass Raucher sich für die Raucherpause aus- und wieder einstempeln müssen. Der Arbeitgeber hatte daraufhin die entsprechenden Beträge für die Raucherpausen vom Lohn abgezogen.

Das LAG Nürnberg hat nun klargestellt, dass der Kläger, bei dem sich unstreitig nach beiderseitigem Vortrag die Arbeitsleistung durch die Raucherpausen täglich um rund 60 bis 80 Minuten reduziert hatte, nicht darauf vertrauen durfte, dass ihm auch nach Inkrafttreten der BV für diese Pausen kein Lohn abgezogen werden würde. Er durfte sich insofern auch nicht auf betriebliche Übung berufen.
Dass der Arbeitgeber es geduldet habe, dass die Mitarbeiter die Raucherpausen eigenmächtig in Anspruch genommen hätten, ändere daran nicht. Es handele sich um eine Verletzung der Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Hinzu käme, dass hieraus eine Ungleichbehandlung von Rauchern und Nichtrauchern folge, da den Rauchern zusätzliche bezahlte Pausen gewährt worden seien. Ein "schützenswertes Vertrauen", dass dieser gleichheitswidrige Zustand beibehalten werde, habe nicht entstehen können.


Rechtsanwältin Hiesserich ist zugleich Fachanwältin für Sozialrecht.