Dieses Blog durchsuchen

Dienstag, 30. Januar 2018

Befristung des Arbeitsvertrages eines Lizenzspielers in der Fußball-Bundesliga


Wegen der Eigenart der Arbeitsleistung ist die Befristung von Arbeitsverträgen mit Lizenzspielern der Fußball-Bundesliga regelmäßig i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 2Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt.

Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 16.01.2018 entschieden (Urteil des 7. Senats, Az. 7 ARZ 312/16).

Der Kläger war befristet bis zum 30.06.2014 als Torwart beim beklagten Verein als Lizenzspieler beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sah eine Verlängerungsoption für beide Seiten bis zum 30.06.2015 vor, wenn der Kläger in der Saison 2013/14 im mindestens 23 Bundesligaspielen eigesetzt wurde. In dieser Saison absolvierte der Kläger tatsächlich neun der ersten zehn Bundesligaspiele. Am elften Spieltag wurde er verletzt ausgewechselt und danach in der Hinrunde verletzungsbedingt nicht mehr eingesetzt.
Danach wurde der Kläger nicht mehr zu Bundesligaspielen heran gezogen, sondern der zweiten Mannschaft des Beklagten zugewiesen.

Die erste Instanz hatte dem Befristungskontrollantrag stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Revision hatte keinen Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsport von einem Lizenzspieler im Zusammenspiel mit der Mannschaft sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet werden, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründen, da er die Höchstleistungen nur für eine begrenzte Zeit erbringen kann. Die Befristungspraxis liege auch im Interesse des Lizenzspielers, weil durch die Beendigung befristeter Verträge in einen anderen Verein Beschäftigungsmöglichkeiten für ihn frei würden. Ein Wechsel eröffne ihm die Chance, sich in einer anderen, ggf. leistungsstärkeren Mannschaft zu bewähren und im Rahmen des Vereinswechsels eine höhere Vergütung zu vereinbaren.

Die berechtigten Belange sowohl des Vereins als auch des Spielers an einer Befristung überwögen regelmäßig das ebenfalls zu berücksichtigende Interesse des Spielers an dem Abschluss eines unbefristet Arbeitsvertrages, der für ihn aufgrund der Art der geschuldeten Tätigkeit ohnehin nur eine zeitlich begrenzte Existenzgrundlage bilden könne.

Die Grundsätze zur Auslegung und Anwendung von § 14 Abs. 1 S 2 Nr. 4 TzBfG entsprächen auch den Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG und der inkorporierten EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung.
Nach diesen Grundsätzen war die Befristung des Arbeitsvertrages sachlich gerechtfertigt, denn bei dem Arbeitsverhältnis handelte es sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um ein "typisches" befristetes Arbeitsverhältnis eines Lizensfußballspielers der 1. Bundesliga, bei dem ein berechtigtes Interesse am Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages besteht.

Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für die Verlängerungsoption nicht erfüllt gewesen.

Das Arbeitsverhältnis hat auch nicht aufgrund der in § 12 Nr. 4 des Arbeitsvertrags vereinbarten Optionsklausel in entsprechender Anwendung des § 622 Abs. 6 BGB i. V. m. § 89 HGB bis zum 30.06.2015 fortbestanden. 

Das Arbeitsverhältnis war daher rechtmäßig bis zum 30.06.2014 befristet.

Dienstag, 16. Januar 2018

Einsichtsrecht des Betriebsrats in Entgeltlisten


Betriebsräte haben grds. keinen Anspruch auf Einsichtnahme in unternehmensbezogene Bruttolohn- und Gehaltslisten sämtlicher Arbeitnehmer des Arbeitgebers, die nicht dem von ihm repräsentierten Betrieb angehören.

Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden (Beschluss des 1. Senats vom 26.09.2017, Az. 1 ABR 27/16).

Im zugrunde liegenden Fall betrieb die Arbeitgeberin ein Verkehrsunternehmen mit insgesamt vier Betrieben. In jedem davon war ein Betriebsrat gebildet.
Im Januar 2015 verlangte der Betriebsrat Einsicht in Entgeltlisten sämtlicher Arbeitnehmer des Unternehmens, um nachvollziehen zu können, ob die Arbeitgeberin den unternehmenseinheitlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beachte und die von ihm repräsentierte Belegschaft nicht benachteilige.

In Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen hat das BAG den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen.

Das vom antragsstellenden Betriebsrate geltend gemachte Einsichtsrecht aus § 80 Abs. 2 Halbs. 2 BetrVG unterliege den Grenzen der allgemeinen Regelung des § 80 Abs. 2 S. 2 Halbs. 1 BetrVG. Demnach setzt ein Einsichtsrecht voraus, dass es zur Durchführung der Aufgabe des Betriebsrats erforderlich ist. Aufgabe des Betriebsrats sei es, auf die Herstellung innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit hinzuwirken. "Dazu benötigt er die Kenntnisse effektiv gezahlter Vergütungen, um sich ein Urteil darüber bilden zu können, ob insoweit ein Zustand innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit existiert oder nur durch eine andere betriebliche Lohngestaltung erreicht werden kann. (...) Grenzen des Einsichtsrechts liegen aber dort, wo ein Beteiligungsrecht oder eine sonstige Aufgabe offensichtlich nicht in Betracht kommt (BAG, 23.02.2007, 1 ABR 14/06, Rn. 23 ff. BAGE 121, 139)", so das BAG.
Die Mitbestimmungs- und Überwachungsrechte des antragsstellenden Betriebsrats sind vorliegend auf den Betrieb begrenzt. Der unternehmensbezogene Gleichbehandlungsgrundsatz betreffe nicht die innerbetriebliche, sondern die überbetriebliche Lohngerechtigkeit und deren Gestaltung, für die ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG an dem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten finanziellen Mitteln dem Gesamtbetriebsrat und nicht den örtlichen Betriebsräten zustehe. Das schließe eine darauf gerichtet Aufgabe des Betriebsrats aus.
Auch ein Überwachungsrecht kann den nach § 80 Abs. 2 BetrVG erforderlichen Aufgabenbezug nicht begründen.

Vorliegend habe der Betriebsrat aufklären wollen, ob die von ihm vertretenen Beschäftigten im Verhältnis zu anderen unternehmenszugehörigen Arbeitnehmern benachteiligt werden, weil die Arbeitgeberin den einen finanzielle Leistungen ohne sachlich rechtfertigenden Grund gewährt und diese zugleich anderen vorenthält. Dies stehe aber in keinem Zusammenhang mit einem Mitbestimmungsrecht zur innerbetrieblichen Lohngestaltung. Der antragsteilende Betriebrat habe auch kein Interesse an einer Überwachung des Arbeitgebers gehabt, ob dieser den unternehmenseinheitlichen Gleichbehandlungsgrundsatz insbesondere beachte. Es sei vielmehr um das bloße Ermitteln einer Rechtsgrundlage für mögliche Entgeltklagen einzelner Arbeitnehmer "ins Blaue hinein" gegangen. Dies sei aber nicht Teil der Überwachungsbefugnisse nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.



Donnerstag, 11. Januar 2018

Chronische Arbeitslosigkeit langfristig rückläufig


Seit 2006 hat sich der Anteil der "chronisch arbeitslosen Menschen" an der Gesamtheit der Erwerbstätigen und Erwerbslosen halbiert, er sank von mehr als sechs auf ca. drei Prozent.

Die "chronische Arbeitslosigkeit" ist von der "Langzeitarbeitslosigkeit" zu unterscheiden. Im Gegensatz zur Langzeitarbeitslosigkeit liegt "chronische Arbeitslosigkeit" nicht nur bei Menschen vor, die durch gängig zwölf Monate oder länger arbeitslos sind, sondern auch bei denjenigen, die eine unstetige Erwerbshistorie mit abwechselnd sehr kurzen Beschäftigungsphasen, Arbeitslosigkeit und Maßnahmenteilnahme haben. Fast die Hälfte aller chronisch arbeitslosen Menschen befindet sich seit mindestens fünf Jahren in diesem Status.

Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor (Pressemitteilung vom 09.01.2018).


Rechtsanwältin Hiesserich ist schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialrechts tätig.