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Mittwoch, 11. Juli 2018

Rückzahlung tariflicher Sonderzuwendung


Der Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung kann tariflich vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums im Folgejahr abhängig gemacht werden.

Das hat jetzt das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil des 10. Senats vom 27.06.2018, Az. 10 AZR 290/17).

Im zugrunde liegenden Fall arbeitete der beklagte Arbeitnehmer seit 1995 als Busfahrer in einem Verkehrsunternehmen.
Aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme fand auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung, der einen Anspruch auf eine bis zum 01.12. zu zahlende Sonderzuwendung vorsieht, m die auch der Vergütung für geleistete Arbeit dient. Diese Sondervergütung ist zurück zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer in der Zeit bis zum 31.03. des Folgejahres aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis im Oktober 2015 zum Januar 2016. Mit der November-Abrechnung 2015 zahlte die Klägerin die Sonderzuwendung zunächst an ihn aus verlangte diese jedoch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurück.
Der ehemalige Arbeitnehmer lehnte dies mit der Begründung ab, die Tarifvorschrift sei unwirksam. Die verstoße als unverhältnismäßige Kündigungsbeschränkung gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.

Sämtliche Instanzen stützten die Position des Arbeitgebers.

Eine Unwirksamkeit der Rückzahlungsregelung wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn sie als arbeitsvertragliche Allgemeinde Geschäftsbedingung einer Klauselkontrolle nach § 307 ABs. 1 BGB zu unterziehen gewesen wäre.
Arbeitsvertraglich in ihrer Gesamtheit einbezogene Tarifverträge unterliegen jedoch keiner solchen Inhaltskontrolle, da diese nur bei einer Abweichung von Rechtsvorschriften stattfindet (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB). Tarifverträge sehen nach § 310 Abs. 4 S. 3 BGB Rechtsvorschriften i. S. v.  § 307 BGB gleich.

Vorliegend verstößt die Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Den Tarifvertragsparteien steht aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu, über den Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien nicht in diesem Umfang verfügen. Hinzu kommt ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung. Es besteht keine Verpflichtung, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Ausreichend ist ein sachlich vertretbarer Grund.

Auch ein Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht gegeben. Die Verhältnismäßigkeit war gewahrt, die Grenzen des gegenüber einseitig gestellten Regelungen in AGB erweiterten Gestaltungsspielraums der Tarifparteien war nicht überschritten.

Der Arbeitnehmer wurde daher zu Recht zur Rückzahlung der Sondervergütung verurteilt.


Immer in Fragen rund ums Arbeitsrecht für Sie da - Rechtsanwältin Hiesserich aus Steinfurt.

Mittwoch, 4. Juli 2018

Sachgrundlose Befristungen in Berlin zukünftig nur noch in Ausnahmefällen


Mit Beschluss des Berliner Senats vom heutigen Tag wird die dortige Verwaltung aufgefordert, grundsätzlich keine weiteren befristeten Arbeitsverträge mehr ohne sachlichen Grund i. S. d. § 14 Abs. 2, 2a oder Abs. 3 TzBfG abzuschließen.
Gerichtet ist diese Aufforderung an die Senatsverwaltungen, die ihnen nachgeordneten Behörden und nichtrechtsfähige Anstalten sowie die unter ihrer Aufsicht stehenden Eigenbetriebe ohne eigene Arbeitgebereigenschaft. Mit dem Beschluss ist zugleich die Erwartung verbunden, dass künftig auch die Bezirksverwaltungen keine Arbeitsverträge mehr ohne sachlichen Grund abschließen.

Ausnahme sollen nur gelten für Trainees mit Abschluss als Bachelor (EG 9) oder als Master (EG 13) zum berufsbegleitenden Erwerb der jeweiligen Laufbahnbefähigung anstelle eines Referendariats, Übernahme von Auszubildenden über das benötigte Maß hinaus und Personalaufstockung in kurzfristig und kurzzeitig auftretenden Krisensituationen.
Weitere sachgrundlose Befristungen können sich ergeben aus haushaltsrechtlichen Notwendigkeiten.