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Mittwoch, 12. Juli 2017

Tarifeinheitsgesetz weitgehend mit dem Grundgesetz vereinbar


Die Regelungen des Tarifeinheitsgesetzes sind weitgehend mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden 11.07.2017, Az. 1 BvR 1571 u. a.).
Der Gesetzgeber müsse allerdings den Schutz kleinerer Spartengewerkschaften nachbessern, um deren Interessen nicht einseitig zu vernachlässigen und dem Gesetz "die Schärfe zu nehmen".

Mit der Verfassungsbeschwerde hatten sich Berufsgruppengewerkschaften, Branchengewerkschaften, ein Spitzenverband sowie ein Gewerkschaftsmitglied unmittelbar gegen das Tarifeinheitsgesetz gewandt und vor allem eine Verletzung der Koalitionsfreiheit Art. 9 Abs. 3 GG) gerügt.

Das Gesetz regelt Konflikte im Zusammenhang mit der Geltung mehrerer Tarifverträge in einem Betrieb. Im Fall einer Kollision wird der Tarifvertrag der Gewerkschaft verdrängt, die weniger Mitglieder im Betrieb hat. Zur Feststellung dieser Mehrheit ist ein gerichtliches Beschlussverfahren vorgesehen. Die Gewerkschaft, deren Tarifvertrag im Betrieb verdrängt wird, hat einen Anspruch auf Nachzeichnung des verdrängenden Tarifvertrages. Der Arbeitgeber muss die Aufnahme von Tarifverhandlungen den anderen tarifzuständigen Gewerkschaften bekannt geben und diese mit ihren tarifpolitischen Forderungen anhören.

Auch wenn über im Einzelnen noch offene Fragen die Fachgerichte zu entscheiden haben, so hat das BVerfG jedoch grundsätzlich klargestellt, das das Gesetz nur insoweit mit der Verfassung unvereinbar ist, als Vorkehrungen dagegen fehlen, dass die Belange der Angehörigen einzelner Berufsgruppen oder Branchen bei der Verdrängung bestehender Tarifverträge einseitig vernachlässigt werden. Hier müsse Abhilfe geschaffen werden.
Bis zu einer Neuregelung dürfe ein Tarifvertrag im Fall einer Kollision nur verdrängt werden, wenn plausibel dargelegt wird, dass die Mehrheitsgewerkschaft die Belange der Angehörigen der Minderheitsgewerkschaft ernsthaft und wirksam in ihrem Tarifvertrag berücksichtigt hat. Mit dieser Maßgabe bleibt das Gesetz weiterhin anwendbar.
Der Gesetzgeber hat die Neuregelung bis zum 31.12.2018 zu treffen.

Weitere Einzelheiten können der Homepage des Bundesverfassungsgerichts entnommen werden.


Rechtsanwältin Hiesserich ist Fachanwältin für Sozialrecht. Daneben ist sie auf dem Gebiet des Arbeitsrechts tätig.