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Freitag, 8. Februar 2019

Aufhebungsvertrag: Abschluss außerhalb der Arbeitgeber-Räumlichkeiten

Dass ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag nicht innerhalb der Geschäfts-Räumlichkeiten des Arbeitgebers, sondern in seiner Privatwohnung geschlossen hat, berechtigt grds. nicht zum Widerruf.

Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 07.02.2019, Az. 6 AZR 75/18).

Allerdings kann sich eine Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages ergeben, wenn dieser unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist.

Im vorliegenden Fall waren Anlass und Ablauf der Vertragsverhandlungen umstritten. Die klagende Arbeitnehmerin hatte geltend gemacht, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkrankt gewesen zu sein. Letztendlich hat sie den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten, hilfsweise widerrufen.

Das BAG hat auf die Revision der Klägerin das abweisende Urteil des LAG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück verwiesen.

Nach Ansicht des BAG war dem Vortrag der Klägerin kein Anfechtungsgrund zu entnehmen und der Widerruf eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags auf gesetzlicher Grundlage nicht möglich.
Zwar habe der Gesetzgeber in § 312 Abs. 1 i. V. m. § 312g BGB Verbrauchern bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden, ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB eingeräumt und Arbeitnehmer seinen auch Verbraucher.
Allerdings seien arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nach dem Willen des Gesetzgebers nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB einzubeziehen.

Möglicherweise sei hier aber das Gebot des fairen Verhandelns als arbeitsvertragliche Nebenpflicht verletzt worden. Dies sei der Fall, wenn eine Partei eine psychische Drucksituation schaffe, die der anderen Partei eine freie und überlegte Entscheidung erheblich erschwere. Das sei z. B. dann der Fall, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche bewußt ausgenutzt werde. In einem solchen Fall stünden Schadensersatzansprüche gegen die andere Partei, hier die Arbeitgeberin im Raum. Diese habe dann im Wege der sogenannten "Naturalrestitution" den Zustand herzustellen, der bestanden hätte, wenn die Arbeitnehmerin den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen hätte. Dies wiederum würden zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führen.
Im zugrunde liegenden Fall hatte das LAG Hannover die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages unter diesem Blickwinkel erneut zu beurteilen.


Viola Hiesserich ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht.