Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 14. August 2019

Home Office – Hausaufgabe auch für den Gesetzgeber

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) plant mit einem Gesetzentwurf bessere Regeln für ein zeitweises Arbeiten von zu Hause aus zu schaffen.

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung schätzt, dass 40 Prozent der abhängig Beschäftigten überwiegend oder gelegentlich von zu Hause aus arbeiten könnten. Tatsächlich nehmen nur 12 Prozent diese Möglichkeit wahr.1 Die Mehrheit der Befragten befürwortet die Pläne des BMAS. Die Möglichkeit zur Arbeit von zu Hause aus hat allerdings nicht nur positive Effekte für die Arbeitnehmer. Eine weitere Studie kam kürzlich zu dem Schluss, dass das Homeoffice für die Arbeitnehmer mehr Stress und weniger Wohlbefinden bedeutet, als die Arbeit in der Firma. Gründe dafür können der leichter entstehende Konflikt zwischen Erwerbsarbeit, Haushaltsführung und Freizeit sein.2 Nicht nur hier sind daher flexible, aber eindeutige Regelungen gefragt, die sicherstellen, dass das Home-Office den Arbeitsplatz attraktiver und nicht belastender wird.

Rechtlich werden die berechtigten Interessen der Arbeitgeber zu berücksichtigen sein. Ein absolutes Recht auf Arbeiten aus dem Homeoffice wird es daher nicht gegen, wo betriebliche Gründe dagegen sprechen. Denkbar wären Homeoffice-Modelle daher vorwiegend in Unternehmen einer bestimmten Mindestgröße und Mitarbeiterzahl und dort jeweils Tätigkeitsfelder, die sich in Büroarbeit erschöpfen. Neben der Bereitstellung der geeigneten Infrastruktur zur Auslagerung der Arbeitsleistung sind Fragen des Datenschutzes, des Arbeitsschutzes und der Überwachung der Arbeitszeiten zu bedenken. Der Arbeitgeber ist zudem nach dem Arbeitsschutzgesetz (§ 5) und der Arbeitsstättenverordnung (§ 3) verpflichtet eine Gefährdungsbeurteilung eines Arbeitsplatzes vorzunehmen, sodass auch der Arbeitsplatz zuhause den dann wohl einschlägigen Vorgaben für betriebliche Bildschirmarbeitsplätze entsprechen muss. Eine solche Verpflichtung kann der Abreitgeber aber nur dann erfüllen, wenn er Zugang zum heimischen Arbeitsplatz seiner Angestellten hat. Dies sollte in einem solchen Gesetz eindeutig geregelt werden.

Daneben werden versicherungsrechtliche Fragen virulent. Wann ist ein Unfall auf dem Weg in die heimische Küche ein Arbeitsunfall, wie wird sichergestellt, ob dieser Weg betrieblich veranlasst war, oder ob der Arbeitnehmer in der Absicht privater Haushaltsführung oder Freizeitgestaltung seinen Heimarbeitsplatz verlassen hat.

Auch ohne eines solchen Gesetzes hat sich die Rechtsprechung jüngst mit dem Thema Homeoffice auseinandersetzen müssen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Az. 17 Sa 562/18) hat entschieden, dass der Arbeitgeber nicht allein aufgrund seines arbeitsvertragliche Weisungsrechts nach § 106 S. 1 GewO berechtigt ist, den Arbeitnehmer auf einen Arbeitsplatz zu Hause zuzuweisen.
Der klagende Arbeitnehmer sollte nach einer Umstrukturierung der Betriebes Telearbeit leisten und dazu an vorbereitenden Lehrgängen teilnehmen. Als dies nicht geschah, mahnte ihn sein Arbeitgeber ab und kündigte im Folgenden außerordentlich und fristlos aus wichtigem Grunde. Der Arbeitnehmer habe sich beharrlich geweigert seine Aufgaben wahrzunehmen, an den erforderlichen Trainingsmaßnahmen teilzunehmen und geforderte Wochenberichte zu erstellen und somit beharrlich gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.
Das Gericht sah hier keinen wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB gegeben, der eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen würde. Zwar sei der zugrunde liegende Sachverhalt „an sich“ typischerweise geeignet eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, im konkreten Fall sah das Gericht aber keine beharrliche Verweigerung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung gegeben. Der Arbeitnehmer hatte seine Arbeit in der Betriebsstätte des Arbeitgebers zu verrichten, eine vertragliche Abänderung des Arbeitsortes hatte es nicht gegeben. Auch das arbeitsvertragliche Weisungsrecht nach § 106 S. 1 GewO umfasse nach Ansicht des Gerichts nicht die Zuweisung von „Heimarbeit“. Da der Arbeitnehmer sich nicht auf einen diesen Arbeitsort verweisen lassen musste, fehlte es auch an der Verpflichtung sich auf eine solche Beschäftigung im Rahmen von Vorbereitungsmaßnahmen einzustellen.

Unberührt bleibt natürlich die schon in der Praxis verbreitete Möglichkeit, vertragliche Regelungen in Bezug auf die Arbeit vom heimischen Arbeitsplatz aus zu vereinbaren.

Quellen:

1 https://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.525999.de

2 https://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/beruf/arbeitsministerium-treibt-homeoffice-gesetz-voran- 16060723.html


Der Autor Herr Phillip Schröder ist Rechtsreferendar mit Stammdienststelle Landgericht Münster und im Rahmen seiner Rechtsanwaltsstation an der Kanzlei Störmer & Hiesserich eingesetzt.