Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 27. Mai 2015

Mindestlohn-Kommission

Heute vor einem viertel Jahr traf die Mindestlohn-Kommission zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen, in der die Sozialpartner zukünftig über die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns entscheiden werden.

Seit dem 01.01.2015 gilt ein gesetzlicher Mindeststundenlohn von 8,50 € brutto bundesweit, wobei diese Höhe erstmalig zum 30.06.2016 überprüft werden soll. Gewerkschaften und Arbeitgeber werden dann in der Kommission darüber beraten, wie hoch der Mindestlohn dann ab dem 01.01.2017 sein wird.

Die Kommission ist gleichberechtigt besetzt durch Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter und soll so nach dem Willen der Bundesarbeitsministerin Nahles die Tarifautonomie stärken. Auf gemeinsamen Vorschlag der Spitzenorganisationen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern hat den Vorsitz Hennig Voscherau übernommen. Außer ihm gehören sechs stimmberechtigte sowie zwei beratende Mitglieder zur Kommission. Alle fünf Jahre schlagen die Spitzenverbände von Arbeitnehmern und Arbeitgebern je drei Vertreterinnen oder Vertreter vor. Die zwei beratenen Mitglieder sind nicht stimmberechtigt. Sie sollen ihren wissenschaftlichen Sachverstand einbringen.

Bei der Festsetzung des Mindestlohns orientiert sich die Kommission an der Tarifentwicklung in Deutschland. Sie soll dabei prüfen, welcher Mindestlohn einen angemessenen Mindestschutz für die Beschäftigten bietet, faire Wettbewerbsbedingungen ermöglicht und die Beschäftigung nicht gefährdet. 

Bei ihrer Arbeit wird die Kommission unterstütz durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Dort wird auch die Geschäftsstelle der Kommission aufgebaut. Diese ist zugleich Informationsstelle sowohl für Unternehmen als auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Ab 2017 soll alle zwei Jahre eine Anpassung des Mindestlohns stattfinden.


Die Autorin ist neben ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Fachanwältin für Sozialrecht.

Mittwoch, 13. Mai 2015

Mindestlohn: Urlaubsgeld und Jahressonderzahlung

Eine Änderungskündigung, mit der zusätzliches Urlaubsgeld und eine jährliche Sonderzahlung zukünftig auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet wird, ist unwirksam.
Das hat das Arbeitsgericht Berlin am 04.03.2015 entschieden (Az. 54 Ca  14420/14).

Die dortige Beklagte hatte das bestehende Arbeitsverhältnis, nach dem die Arbeitnehmerin bislang zu einer Grundvergütung von 6,44 € pro Stunde zuzüglich Leistungszulage und Schichtzuschlägen beschäftigt war und ein zusätzliches Urlaubsgeld sowie eine nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Sonderzahlung erhielt, gekündigt und zugleich angeboten, das Arbeitsverhältnis mit einem Stundenlohn von 8,50 € bei Wegfall der Leistungszulage, des zusätzlichen Urlaubsgeldes und der Jahressonderzahlung fortzusetzen.

Eine solche Änderungskündigung sei unwirksam, weil der gesetzliche Mindestlohn unmittelbar die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten solle. Der Arbeitgeber dürfe daher Leistungen, die nicht diesem Zweck dienten, nicht auf den Mindestlohn anrechnen. Hierzu gehörten auch das zusätzliche Urlaubsgeld und die Jahressonderzahlung, so das Arbeitsgericht Berlin in seiner Entscheidung. 

Gegen das Urteil ist die Berufung an das LAG Berlin-Brandenburg zulässig.


Rechtsanwältin Hiesserich ist Ihre Ansprechpartnerin sowohl in arbeits- als auch in sozialrechtlichen Fragen.

Montag, 20. April 2015

Videoaufnahmen des Arbeitgebers (II)

Eine ohne Einschränkung erteilte Einwilligung des Arbeitnehmers zu Veröffentlichung von Videoaufnahmen erlischt nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses (Urteil des BAG vom 19.02.2015, Az. 8 AZR 1011/13).

Der dortige Kläger hatte seinerzeit seine schriftliche Einwilligung erteilt, dass die Beklagte von ihm als Teil der Belegschaft Filmaufnahmen machen und diese für ihre Öffentlichkeitsarbeit verwenden und ausstrahlen durfte. Das entsprechende Video konnte auf der Homepage der Beklagten eingesehen werden. Nachdem folgend das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien geendet hatte, erklärte der Kläger den Widerruf der von ihm erteilten Einwilligung und forderte die Beklagte auf, das Video binnen zehn Tagen aus dem Netz zu entfernen. Er verlangt nunmehr die Unterlassung weiterer Veröffentlichung und Schmerzensgeld.

Seine Revision gegen die abweisende vorinstanzliche Entscheidung blieb ohne Erfolg.

Das BAG betonte, der später vom Kläger erklärte Widerruf seiner nach § 22 KUG erteilten schriftlichen Einwilligung sei zwar grundsätzlich möglich gewesen. Allerdings habe er für diese gegenläufige Ausübung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung keinen plausiblen Grund angegeben. Er könne deshalb eine weitere Veröffentlichung nicht untersagen lassen und würde durch eine solche auch nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.



Weitere Informationen zum Arbeitsrecht finden Sie auf der Internetseite der Kanzlei Störmer & Hiesserich.

Mittwoch, 8. April 2015

Schicht- und Zeitzuschläge: Unpfändbarkeit

Ansprüche eines überschuldeten Arbeitnehmers auf Schichtzulagen sowie auf Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sind unpfändbar und können nicht abgetreten werden, so das LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.01.2015.

Der Kläger ist beim beklagten Landkreis als Angestellter beschäftigt und hatte im Rahmen eines Privatinsolvenzverfahrens seine pfändbaren Bezüge an eine Treuhänderin abgetreten. Mit seiner Klage hat er die Auszahlung von tariflichen Wechselschichtzulage sowie Zuschlägen für Dienste zu ungünstigen Zeiten geltend gemacht.

Das LAG hat die erstinstanzliche Auffassung bestätigt, dass "Schmutz- und Erschwerniszulagen" gem. § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar sind, wobei zwischen verschiedenen Erschwernissen der Arbeit nicht unterschieden wird. Sie könnten sich sowohl aufgrund der Art der Tätigkeit als auch durch wechselnde Dienstschichten oder Arbeitsleistung in der Nacht bzw. an Feiertagen ergeben. Dies führe zur Unpfändbarkeit von Schichtzulagen und von Zuschlägen für Arbeiten zu ungünstigen Zeiten. Diese könnten nicht nach § 400 BGB abgetreten werden.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und wegen einer Abweichung von Entscheidungen anderer LAGe hat das LAG die Revision zugelassen.


Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich - Ihre Kanzlei im Münsterland

Donnerstag, 2. April 2015

Verdachtskündigung bei Azubis

Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung eines Azubis kann einen wichtigen Grund zur Kündigung des Ausbildungsverhältnisses nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG darstellen, wenn der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht, so das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 12.02.2015, Az. 6 AZR 845/13.

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolviert. Nachdem er das sich in den Nachttresor-Kassetten einer Filiale befindliche Geld gezählt hatte, wurde ein Kassenfehlbestand von 500 € festgestellt. In einem darauf folgenden Personalgespräch nannte er dann von sich aus die Höhe des Fehlbetrages, obwohl er nur auf eine unbezifferte Kassendifferenz angesprochen worden war. Der Ausbildende hatte daraufhin das Ausbildungsverhältnis wegen des durch die Offenbarung von Täterwissen begründeten Verdachts der Entwendung des Fehlbetrages gekündigt.

Der Kläger war daraufhin der Meinung, ein Berufsausbildungsverhältnis könne nicht durch eine Verdachtskündigung beendet werden. Außerdem habe es an einer ordnungsgemäßen Anhörung gefehlt, da ihm vor dem Gespräch nicht mitgeteilt worden sein, dass er mit einer Kassendifferenz konfrontiert werden sollte. Auch sei er nicht auf die Möglichkeit der Einschaltung einer Vertrauensperson hingewiesen worden.

Die Revision des Klägers hatte, nachdem die Klage bereits in den Vorinstanzen abgewiesen worden war, keinen Erfolg.
Das BAG hat bestätigt, dass es weder einer vorherigen Bekanntgabe des Gesprächsthemas noch eines Hinweises bezüglich der möglichen Kontaktierung einer Vertrauensperson bedurfte. Auch Datenschutzrecht habe der Beweiserhebung und -Verwertung nicht entgegen gestanden.


Viola Hiesserich ist Rechtsanwältin in Steinfurt.

Dienstag, 31. März 2015

Videoaufnahmen des Arbeitgebers (I)

Ein Arbeitgeber, der wegen eines Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit einem Detektiv die Überwachung eines Arbeitnehmers überträgt, handelt rechtswidrig, wenn sein Verdacht nicht auf konkreten Tatsachen beruht, so das BAG mit Urteil vom 19.02.2015 ( Az. 8 AZR 1007/13). Dies gilt auch für heimlich hergestellte Abbildungen. 
Eine solche rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann einen Schmerzensgeldanspruch begründen.

Vorliegend hielt die Klägerin, die an vier Tagen dergestalt observiert und samt Ehemann und Hund per Videoaufnahme festgehalten wurde, ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,- € für angemessen. Zugesprochen wurden letztlich zweitinstanzlich 1.000,00 €, was revisionsrechtlich nicht zu korrigieren war.

Der Beweiswert der von der Klägerin seinerzeit dem Arbeitgeber vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei weder dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten noch durch eine Änderung im Krankheitsbild noch durch eine hausärztliche Behandlung eines damals geltend gemachten Bandscheibenvorfalls. Der Verdacht des Arbeitgebers sei nicht durch konkrete Tatsachen begründet gewesen, so dass seine rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Schmerzensgeldanspruch der Klägerin begründet habe.

Wie Videoaufnahmen zu beurteilen sind, wen ein berechtigter Anlass zur Überwachung gegeben ist, hat das BAG ausdrücklich offen gelassen.



Mittwoch, 25. März 2015

Befristung des Arbeitsvertrags nach Erreichen der Regelaltersgrenze

Wie das Bundesarbeitsgericht am 11.02.2015 (Az. 7 AZR 17/13) entschieden hat, rechtfertigt allein der Bezug von gesetzlicher Altersrente die Befristung des Arbeitsverhältnisses aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG) nicht.

Im zugrunde liegenden Fall enthielt der befristete Vertrag des Klägers eine Abrede, nach der der Kläger eine noch einzustellende Ersatzkraft einarbeitet. Nach Ansicht des BAG sei es deshalb erforderlich gewesen, dass die Befristung einer konkreten Nachwuchsplanung der Beklagten diente. Da das LAG (Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.11.2012, Az. 12 Sa 1303/12) hierzu keine konkreten Feststellungen getroffen hatte, hat das BAG die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück verwiesen.


Die Autorin beschäftigt sich in ihrer täglichen Arbeit vorwiegend mit Arbeitsrecht und ist zugleich Fachanwältin für Sozialrecht.